Bringt KI die deutsche Besteuerung grenzüberschreitender Tätigkeiten durcheinander?

KI ist in aller Munde - auch im Steuerrecht. Im Vordergrund steht dabei die Hoffnung auf erleichterte Arbeitsprozesse und größere Automatisierung. Im deutschen Steuerrecht könnte KI aber noch ganz anders wirken und zu größeren Verwerfungen bei der Betriebsstättenbesteuerung führen.

Aber von Anfang an: Bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten darf ein Staat in aller Regel die Unternehmensgewinne besteuern, die auf eine Betriebsstätte im eigenen Land entfallen. Darin besteht international weitestgehend Einigkeit, was einerseits Doppelbesteuerung vermeidet und andererseits kaum Gestaltungspotenzial für Nichtbesteuerung bietet. Die konkrete Abgrenzung der Betriebsstättengewinne macht allerdings naturgemäß Schwierigkeiten und erfolgt auch nicht in jedem Land gleich. Besonders auffällig ist das aus deutscher Sicht bei so genannten "personallosen Betriebsstätten". Deutschland weist bei der Betriebsstättengewinnermittlung dem Vorhandensein arbeitender Personen große Bedeutung zu. Das ist international anders. Bedeutung hat dies aktuell beispielsweise für Windparks oder Großrechner, denen Deutschland kein steuerpflichtiges Ergebnis zuordnet. Gut für ausländische Investoren, insbesondere wenn der Ansässigkeitsstaat ebenfalls nicht besteuert, weil dieser dem Windpark auch ohne Personal einen - gedanklich in Deutschland steuerpflichtigen - Gewinn zuordnet. Anders sieht es für deutsche Unternehmen aus, denen bei entsprechenden Aktivitäten im Ausland Doppelbesteuerung droht.

Wirklich interessant wird das Thema aber in den nächsten Jahren: Sollte die rasante Entwicklung des Einsatzes von KI dazu führen, dass zukünftig ganze Produktionsanlagen ohne Personal vor Ort arbeiten, müsste sich Deutschland dem Besteuerungsthema intensiv widmen. Egal ob aus Sicht ausländischer Unternehmen, für die Deutschland so zum Land für Steuergestaltungen werden könnte oder aus Sicht deutscher Unternehmen, die einmal mehr ein Doppelbesteuerungsrisiko bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten tragen würden: Es wird spannend, wann und wie die Finanzverwaltung und/oder die Rechtsprechung mit dem Thema umgehen werden. Sicher ist nur, dass es steuerlich unsicher sein wird!


Prof. Dr. Mario Henry Meuthen, Steuerberater

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