Der Mittelstand muss der Risikoberichterstattung im Lagebericht mehr Beachtung schenken

Neben den Finanzkennzahlen ist für Jahresabschlussadressaten vor allem die zukunftsorientierte Darstellung von Chancen und Risiken von Bedeutung. Aktuell zeigt die Coronavirus-Pandemie, wie schnell und überraschend Geschäftsmodelle durch externe Einflüsse in Frage gestellt werden können. Die Vergangenheitswerte sagen darüber kaum etwas aus. Erforderlich sind Aussagen zu zukünftigen Entwicklungen, die zu einer Abweichung von den Prognosen führen können. Dieser Aufgabe muss der Lagebericht gerecht werden.

Eine empirische Studie hat die Lageberichte mittelständischer Unternehmen analysiert.  Primär wird dort über finanzwirtschaftliche Risiken berichtet (ca. 30 %), gefolgt von Umfeld- und Branchenrisiken (ca. 25 %). Damit werden hauptsächlich Risikokategorien thematisiert, die sich typischerweise leicht quantifizieren lassen. Auffällig ist, dass zu aktuellen Megatrends, wie Umweltschutz, Klimawandel, Digitalisierung oder Globalisierung nur in Ausnahmefällen berichtet wird - und dies obwohl die genannten Trends im Extremfall existenzbedrohend, andererseits aber auch Chancen sein können. Beispielsweise werden trotz zunehmender Digitalisierung kaum Risiken in Bezug auf die Informationstechnologie genannt (nur ca. 6%). Dabei besteht zweifelsohne auch im Mittelstand eine hohe Abhängigkeit von Daten und IT-Technologien. Ähnliches gilt für die Herausforderungen des Klimawandels; die daraus entstehenden Trends müssen zukünftig Erwähnung im Lagebericht finden. Strategische Risiken dürfen nicht allein deshalb unerwähnt bleiben, um Jahresabschlussadressaten nicht zu beunruhigen oder Wettbewerbern nicht zu viel Einblick zu gewähren. Kritisch wird es nämlich immer dann, wenn die Gesamtdarstellung der Risikolage lückenhaft ist, weil wesentliche Risiken nicht dargestellt werden - sei es bewusst oder unbewusst. Positiv betrachtet kann der Bericht über einen vorausschauenden und zielführenden Umgang mit Megatrends auch als Marketinginstrument eingesetzt werden.


Stephan Dreckmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

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