Deutsche Steueroasen

In Deutschland gibt es zwei Steuerarten, deren Aufkommen direkt den jeweiligen Kommunen zustehen: Die Gewerbesteuer und die Grundsteuer. In beiden Fällen vereinnahmen die Kommunen nicht nur die Steuern direkt, sondern legen mittels so genannter "Hebesätze" auch die Höhe der Steuern fest. Dies ermöglicht einen innerdeutschen Steuerwettbewerb zwischen den einzelnen Kommunen. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. So können Kommunen durch niedrigere Gewerbesteuerhebesätze die Ansiedlung von Unternehmen fördern, andererseits können Kommunen mit beliebten Standorten, die möglicherweise auch über teurere Infrastruktur (z. B. gute Verkehrsanbindung) verfügen, dies für höhere Steuereinnahmen nutzen.

In die Kritik gerät der Wettbewerb aber immer dann, wenn es sich bei den angesiedelten Unternehmen vor allem um solche ohne großen Personal- und Raumbedarf (z. B. Vermögensverwaltung) handelt, die ihren Sitz nahezu beliebig wählen können und oftmals sogar mit einem Briefkasten auskommen. Immer wieder geraten deshalb Gemeinden mit sehr niedrigen Gewerbesteuerhebesätzen ins Visier der Presse. Aktuell hat es ein besonders gelagerter Fall sogar in die deutsche Klatschpresse geschafft.

Etwas eingedämmt hat der Gesetzgeber verschiedenste Wildwüchse, indem ein Mindesthebesatz definiert wurde - dieser liegt aber immer noch deutlich unter einer üblichen Bandbreite an Hebesätzen, sodass das Thema innerdeutsche Steueroasen bei der Gewerbesteuer nach wie vor Bedeutung hat - die Effekte sind nur nicht mehr so gravierend wie in Zeiten ohne Mindesthebesatz.

Im Prinzip kann auch die Grundsteuer einen solchen Wettbewerb verursachen: Kommunen, die durch bessere Lagen attraktiv sind, könnten höhere Grundsteuern fordern; andere könnten die Attraktivität der Kommune durch günstigere Hebesätze erhöhen. Bei der Grundsteuer sind die Anreizeffekte aber deutlich geringer, da Grundvermögen nach der erstmaligen Herstellung immobil ist und den Steuerpflichtigen wenig Gestaltungsspielraum durch Umzug bleibt. Bisher spielt der Steuerwettbewerb bei der Grundsteuer auch kaum eine Rolle. Wenn nach der Neubewertung des deutschen Grundvermögens nun jedoch höhere Grundstückswerte zu Buche stehen, wird wohl auch dem Hebesatz eine größere Bedeutung zukommen. Es bleibt abzuwarten, ob sich daraus ein Wettbewerb entwickeln wird. Unter Berücksichtigung der aktuellen Sorge in Bezug auf höhere Grundstückswerte gepaart mit möglicherweise kaum oder gar nicht nach unten angepassten Hebesätzen, wäre ein Wettbewerb im Sinne der Steuerzahler zu wünschen.

Abzuwarten bleibt, ob sich der Gesetzgeber irgendwann auch in Zusammenhang mit der Grundsteuer gezwungen sehen wird, einen Mindesthebesatz einzuführen. Aktuell müssen viele Immobilienbesitzer aber eher erstmal auf eine deutliche Senkung der Hebesätze hoffen.


Christian Kaussen, Wirtschaftsprüfer & Steuerberater

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Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
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