Gratifikationen unter Freiwilligkeitsvorbehalt
Alle Jahre wieder, insbesondere jetzt zum Jahresende, stehen viele Arbeitgeber vor der Frage, ob und in welcher Form sie eine Weihnachtsgratifikation oder sonstige Sonderzahlung gewähren. Gratifikationen sind dabei zusätzliche Leistungen des Arbeitgebers, für die ein Anspruch nur dann besteht, wenn hierfür eine entsprechende Rechtsgrundlage – etwa eine einzelvertragliche Abrede, ein Tarifvertrag, eine Betriebsvereinbarung, betriebliche Übung oder der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz – gegeben ist. Unabhängig davon ist es aber regelmäßig gewünscht, eine Gratifikation zu leisten, die keine Festlegung späterer Zahlungen darstellt. Häufig werden Sonderzahlungen deshalb im Arbeitsvertrag geregelt und mit diesem Ziel mit einem Freiwilligkeitsvorbehalt verknüpft.
Die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung entwickelt die Anforderungen an solche Vorbehalte stetig weiter. Besonders kritisch sind Klauseln, die so allgemein formuliert sind, dass sie auch spätere Individualabreden erfassen können. Eine solche Klausel benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen, weil sie nicht auf den Entstehungsgrund eines Anspruchs abstellt und nach den Grundsätzen der AGB-Kontrolle den Eindruck erweckt, sämtliche zukünftigen Zusagen könnten durch den Freiwilligkeitsvorbehalt ins Leere laufen. Dies widerspricht dem gesetzlichen Vorrang individueller Vereinbarungen: Individuelle Vertragsabreden haben grundsätzlich Vorrang vor vorformulierten Klauseln. Ein Freiwilligkeitsvorbehalt, der so verstanden werden kann, dass er Rechte aus späteren Individualabreden ausschließt, ist daher unwirksam.
Arbeitgeber sollten deshalb bei der Vertragsgestaltung klar zwischen einer freiwilligen Einmalzahlung und später möglichen individuellen Zusagen unterscheiden. Bei der Prüfung bestehender Verträge ist zu beachten, dass zu weit gefasste oder pauschale Ausschlüsse auch im Licht der aktuellen Rechtsprechung schnell unwirksam sind. Um Missverständnissen vorzubeugen, empfiehlt es sich, bei jeder Gewährung einer freiwilligen Gratifikation schriftlich klarzustellen, dass diese Zahlung – soweit keine ausdrückliche Zusage erfolgt – keinen Anspruch für die Zukunft begründet. Zugleich sollten individuelle Zusagen stets eindeutig und schriftlich festgehalten werden.