Grundsteuerreform und das Bundesmodell – Es bleibt spannend!

Das Bundesverfassungsgericht hatte im Jahr 2018 das derzeitige System der grundsteuerlichen Bewertung für verfassungswidrig erklärt, da es gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandele und so gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung verstoße. Aufgrund dessen wurde die Grundsteuerermittlung reformiert. Dazu gibt es ein sogenanntes, in Teilen recht pauschal vorgehendes, Bundesmodell, das von 11 von 16 Bundesländern genutzt wird. Die Umsetzung befindet sich mittlerweile auf der Zielgeraden. In den vergangenen Wochen und Monaten haben zahlreiche Eigentümerinnen und Eigentümer vom Finanzamt den Bescheid über die Feststellung des Grundsteuerwerts und den Bescheid über die Festsetzung des Grundsteuermessbetrags für ihren Grundbesitz erhalten.

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hatte Ende letzten Jahres bereits beeindruckend deutlich ernsthafte Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Bundesmodells geäußert. Auf die Beschwerden des Finanzamts hatte sich nun der Bundesfinanzhof (BFH) damit beschäftigt. Grundlage des Urteils waren zwei Grundstückseigentümer, die gerichtlich gegen ihre Bescheide vorgegangen waren, weil sie den mit Hilfe einer Vielzahl von Typisierungen und Pauschalierungen ermittelten Grundsteuerwert für deutlich zu hoch hielten. Unter anderem wurden dabei schlechte Zugänglichkeit des Grundstücks beziehungsweise ein sehr schlechter Zustand des Hauses angeführt. In beiden Streitfällen kam der BFH zum Ergebnis, es sei bei summarischer Prüfung nicht auszuschließen, dass die Grundstückseigentümer jeweils aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ihrer Grundstücke mit der erforderlichen Abweichung zu den festgestellten Grundsteuerwerten führen könnten. Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des neuen Bewertungsrechts ist damit jedoch nicht verbunden.

Deshalb müssten die Immobilien-Inhaber zukünftig die Chance bekommen, mit einem Gutachten darzulegen, dass der Wert ihrer Immobilie so stark abweicht, dass das Übermaßverbot berührt ist. Bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften, so das Gericht, müsse die Möglichkeit eingeräumt werden, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen, auch wenn der Gesetzgeber einen solchen Nachweis nicht ausdrücklich geregelt habe. Allerdings müssen die Betroffenen Abweichungen von mindestens 40 Prozent glaubhaft machen, damit es am Ende auch zu einer Korrektur der Steuer kommt. Ist die Differenz kleiner, ändert sich nichts an der pauschal festgesetzten Steuer.

Die beiden Urteile zeigen, dass das Bundesmodell weiter in der Kritik steht. In Baden-Württemberg, das dem Bundesmodell in modifizierter Form folgt, sind jedoch erste Musterklagen vor dem Finanzgericht gescheitert.


Stephan Dreckmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

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