Jahresabschluss: Vorhersehbare Risiken können relevant sein!

Die Aufstellung des Jahresabschlusses erfolgt naturgemäß dann, wenn das Jahr, über das berichtet wird, bereits abgelaufen ist. Manche Sachverhalte stellen sich im Zeitablauf dabei klarer dar als während des noch laufenden Jahres. In der Praxis stellt sich häufig die Frage, ob ein Sachverhalt in der Bilanz zu berücksichtigen ist, dessen Auswirkungen sich erst nach dem Abschlussstichtag konkretisiert haben. Die Abgrenzung von wertbegründenden zu wertaufhellenden Ereignissen ist in diesem Zusammenhang notwendig. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben „sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekanntgeworden sind“ - man spricht hier von "wertaufhellend". Gemäß dem Imparitätsprinzip hat die Berücksichtigung von Verlusten bereits dann zu erfolgen, wenn sie zum Abschlussstichtag entstanden sind, während Gewinne erst bei Realisierung ausgewiesen werden dürfen.

 

Die Erfassung vorhersehbarer Risiken ist in diesem Zusammenhang ein maßgeblicher Faktor, um Verluste rechtzeitig abzubilden. Jedes Unternehmen ist unterschiedlichsten Risiken ausgesetzt, beispielsweise dem Ausfall von Forderungen oder auch dem Risiko einer Insolvenz. Dabei spielt die Vorhersehbarkeit des Risikos eine wesentliche Rolle. Ein Risiko wird dann als vorhersehbar angesehen, wenn ein bestehendes Risiko eine konkrete Gefährdung darstellt. Daraus ergeben sich Gestaltungsspielräume, die mit der sogenannten Wurzeltheorie eingedämmt werden. Die Ursache (= Wurzel), die vor oder zum Bilanzstichtag gelegt wurde, muss mit dem nach dem Bilanzstichtag im Zuge der Aufstellung erkannten Risikos kausal verkettet sein. Ein einfacher Anwendungsfall in der Praxis stellen z. B. Pauschalwertberichtigungen von Forderungen dar. Zwar sind noch keine Ausfallrisiken bei einzelnen Forderungen bekannt, Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen aber, dass es regelmäßig zu späteren Ausfällen kommt. Diese wurden bereits mit Begründung der Forderung angelegt und sind aufgrund der Vergangenheitserfahrungen auch vorhersehbar.

 

In der Praxis wird die Wurzeltheorie oft auch unbewusst angewendet. Für die Beantwortung der Frage, welche Sachverhalte in der Bilanz zu berücksichtigende, wertaufhellende Sachverhalte darstellen, kann die bewusste Anwendung der Wurzeltheorie jedoch hilfreich sein.


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Inka Schwiering
Steuerberaterin, Wirtschaftsprüferin
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