Kuriosität bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften oder "Die Aufwärtsabfärbung"

Anders als Kapitalgesellschaften unterliegen Personengesellschaften den Regelungen der Einkommensteuer und können daher grundsätzlich beispielsweise auch freiberufliche Einkünfte oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen. Das kann Vorteile mit sich bringen, weil einerseits Sonderregelungen wie die Möglichkeit der steuerfreien Veräußerung einer Mietimmobilie nach zehn Jahren zur Anwendung kommen und andererseits neben der Einkommensteuer keine Gewerbesteuer erhoben wird. Dabei ist aber ein Nebeneinander von gewerblichen und anderen Einkünften nicht vorgesehen. Das heißt: Erzielt eine Personengesellschaft auch gewerbliche Einkünfte, färben diese auf alle anderen Einkünfte ab. Die vermögensverwaltende Personengesellschaft wird gewerblich - mit den entsprechenden steuerlichen Folgen. Vorsicht ist deshalb beispielsweise geboten, wenn neben Vermietung und Verpachtung weitere Dienstleistungen erbracht werden. Besonders weitreichende steuerliche Folgen ergeben sich, wenn eine Abfärbung versehentlich "entfällt" und es in der Folge zu einer steuerlich relevanten Entnahme des Vermögens aus dem Betriebsvermögen kommt. Die Abfärbung ist damit eine Regelung, die ein dauerndes Risiko für vermögensverwaltende, aber auch freiberufliche Personengesellschaften birgt.

Zu einer Abfärbung kommt es dabei auch, wenn die vermögensverwaltende Personengesellschaft einen Anteil an einer anderen Personengesellschaft hält, die gewerbliche Einkünfte erzielt. Ein Umstand, der dem deutschen Steuerrecht einen so schönen Begriff wie "Aufwärtsabfärbung" beschert! Diese Sichtweise der Finanzverwaltung hat der Bundesfinanzhof (BFH) inzwischen mehrfach bestätigt, insbesondere auch mit dem Hinweis, dass der Umfang der Einkünfte aus der gewerblichen Tochtergesellschaft für die Abfärbung unerheblich ist.

Wirklich Kurioses bietet die Aufwärtsabfärbung aber seit 2019. In diesem Jahr hat der BFH zwar ebenfalls bestätigt, dass die Mutterpersonengesellschaft zwingend gewerbliche Einkünfte erzielt, in diesem Fall aber ausnahmsweise trotzdem nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Das Auseinanderfallen von gewerblichen Einkünften in der Einkommensteuer und Gewerbesteuerpflicht eröffnet einen ungewöhnlichen Sonderfall. Das entspricht wohl dem Eindruck der Finanzverwaltung, die - auch aus fiskalischen Gründen? - eine Nichtanwendung dieser Rechtsprechung anordnete. Im Herbst 2023 konnte der BFH diese Rechtsauffassung nun aber bekräftigen. Damit wird der Finanzverwaltung kaum eine andere Möglichkeit bleiben, als die Sichtweise des BFH zu übernehmen. Außer der Gesetzgeber lässt sich aktivieren und schafft ein "Nichtanwendungsgesetz". Für Steuerpflichtige und Berater bleibt mal wieder nichts anderes als abzuwarten!


Helmut Heinrich, Wirtschaftsprüfer & Steuerberater

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