Mitteilungspflicht für grenzüberschreitenden Steuergestaltungen ist scharf gestellt - Wie soll der Mittelstand reagieren?

In der Februarausgabe 2020 haben wir an dieser Stelle bereits unser Unbehagen über die neue Pflicht zur Meldung grenzüberschreitender Steuergestaltungen zum Ausdruck gebracht. Damals war noch vieles offen, verbunden mit der Hoffnung auf eine praktische Umsetzung mit Augenmaß. Diese wurde nicht erfüllt. Trotz Corona-Krise wurden die Regelungen zum 01.07.2020 scharf gestellt, und das, obwohl ein Aufschub bis März 2021 möglich gewesen wäre. Dies zeigt, wie groß die Hoffnungen des Fiskus in das Instrument sind. Insbesondere Steuerberater sollen zukünftig nach Entbindung von der berufsrechtlichen Schweigepflicht (!) nämlich Überlegungen zu - wohlgemerkt völlig legalen - grenzüberschreitenden Vorgängen offenlegen. Auf diese Weise soll der Fiskus schnell reagieren können und die Steuergesetzgebung optimal und vor allem profiskalisch ausgerichtet werden. Berater und im Einzelfall auch Unternehmen selbst dafür zu instrumentalisieren, ist an sich schon eine fragwürdige Idee, die bei maßvoller Gestaltung aber hätte gerade noch akzeptiert werden können. Weitgehende und überschießende Regelungen haben jedoch dazu geführt, dass die Regelungen mehr als fragwürdig geworden sind. Große Unternehmen und deren Berater haben sich dem Vernehmen nach vielfach dazu veranlasst gesehen, mit allergrößtem Aufwand eine ganz Flut von Meldungen abzugeben - teilweise rein vorsorglich. Auch an den Mittelstand werden darauf fußend immer häufiger Instrumente herangetragen, mit denen die Thematik bearbeitet werden soll. Drohkulisse zur Rechtfertigung des in der Regel immensen - auch finanziellen - Aufwands sind die im Raum stehenden Bußgelder.

Gerade Berater von familiengeführten, mittelständischen Unternehmen stellen sich nun die Frage, wie mit dem Dilemma umgegangen werden soll. Einerseits müssen steuerliche Pflichten - und seien diese noch so absurd - sorgfältig umgesetzt werden. Andererseits soll selbstverständlich unnötiger Aufwand auf allen Seiten vermieden werden. Die Mitteilungspflichten machen es hier schwer: Das Argument, ein Unternehmen und dessen Berater zielen nicht auf aggressive Steuergestaltungen ab, hilft nicht. Aus Sicht der Finanzverwaltung reicht nämlich schon die Nutzung normaler steuerlicher Freibeträge aus, um von einer Steuergestaltung auszugehen. Eine "White List" mit der Finanzverwaltung bereits bekannten steuerlichen Vorgängen, gibt es zwar, diese deckt aber bei weitem nicht alle "ganz normalen" grenzüberschreitenden Strukturierungen ab. Wir gehen derzeit davon aus, dass der Umfang der Meldepflichten im Mittelstand aber in der Regel trotzdem überschaubar bleibt, weil die für eine Meldung notwendigen so genannten "Kennzeichen" so speziell sind, dass diese häufig nicht erfüllt sind und letztendlich keine Meldung notwendig ist. Trotzdem muss der Steuerberater zukünftig sehr genau hinschauen und ein möglichst weitgehender Dialog zwischen Mandant und Berater in Hinblick auf internationale Aktivitäten ist Voraussetzung, um das Risiko überschaubar zu halten.


Prof. Dr. Mario Henry Meuthen, Steuerberater

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Prof. Dr. Mario Henry Meuthen
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