Wann darf der Arbeitgeber Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in Frage stellen?

Arbeitgeber stehen ständig vor der Herausforderung, die Interessen des Unternehmens mit den Rechten der Arbeitnehmer in Einklang zu bringen. So ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, das Gehalt eines arbeitsunfähigen Mitarbeiters bis zu sechs Wochen weiterzuzahlen. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) dient als Nachweis und stellt in der Regel den Anspruch auf Entgeltfortzahlung fest. Stellt ein Arzt eine AU aus, hat der Arbeitgeber kaum Möglichkeiten, diese in Frage zu stellen, auch wenn sich in Einzelfällen solche durchaus aufdrängen können.

Allerdings gibt es Ausnahmen: Die Rechtsprechung erkennt einige wenige Fälle an, in denen der Beweiswert einer AU als erschüttert gilt. Beispielsweise können wiederholte Krankmeldungen am Wochenende oder unmittelbar nach abgelehnten Urlaubsanträgen Anlass zu Zweifeln geben. Die aktuelle Rechtsprechung benennt nun einen weiteren Fall. So kann dieser als erschüttert gelten, wenn die Arbeitsunfähigkeit zeitlich exakt mit dem Ende der Kündigungsfrist übereinstimmt. In solchen Fällen kann vom Arbeitnehmer gefordert werden, zusätzliche Belege oder Erklärungen für seine Arbeitsunfähigkeit vorzulegen. Allerdings gibt es Landesarbeitsgerichte, die bisher in ähnlichen Konstellationen zu Gunsten der Arbeitnehmer entschieden haben.

Interessant wird die Thematik im Kontext eines Urteils des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen, in dem es um eine Arbeitgeberkündigung ging. In diesem Fall wurde der Beweiswert der AU nicht als erschüttert angesehen, obwohl ähnlichen Bedenken hinsichtlich der Glaubwürdigkeit der Arbeitsunfähigkeit bestanden. Es erscheint allerdings nicht einleuchtend, den Beweiswert einer AU im Falle einer Arbeitnehmerkündigung als erschüttert zu betrachten, während man bei einer Arbeitgeberkündigung anders verfährt.


Prof. Dr. Mario Henry Meuthen, Steuerberater

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