Werterhöhung von Gesellschaftsanteilen als Schenkungstatbestand - endlich Klarheit?!

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dieses Jahr für Klarheit bei der Fiktion einer Schenkung gesorgt. Das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht kennt eine Regelung, nach der auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person durch die Leistung einer anderen Person an die Gesellschaft erlangt, als Schenkung gilt. Konkret geht es insbesondere um disquotale Einlagen, die reflexartig zu einer Werterhöhung auch beim nicht-einlegenden Gesellschafter führen. Bei dieser Vorschrift handelt es sich im Grundsatz um eine Missbrauchsvermeidungsvorschrift, damit Steuerpflichtige nicht mittels einer Vermögenszuwendung über den Umweg einer Kapitalgesellschaft eine Schenkungsteuerpflicht umgehen können.

Jedoch schießt die Vorschrift in vielen Fällen über das vorgenannte Ziel hinaus. In Praxi finden häufig disquotale Vermögenszuwendungen an eine Kapitalgesellschaft statt, die jedoch wirtschaftlichen Zwecken der Kapitalgesellschaft zu dienen bestimmt sind und den finanziellen Möglichkeiten der Gesellschafter Rechnung tragen. Von einem Bereicherungswillen bezogen auf den unterproportional leistenden Gesellschafter kann nicht die Rede sein.

Der BFH stellt in diesem Spannungsfeld nun klar, dass für das Vorliegen einer fingierten Schenkung die Freigebigkeit der Leistung an die Gesellschaft anders als beim Grundtatbestand einer "normalen" Schenkung nicht Voraussetzung für die Steuerbarkeit ist. Zwar ist diese Rechtsauffassung vor dem Hintergrund häufig disquotaler Einzahlung in eine Kapitalrücklage ernüchternd und nicht überzeugend, schafft aber wenigstens Klarheit.

Der Tatbestand einer Schenkung liegt nach Ansicht des BFH vor, wenn eine Leistung an eine Kapitalgesellschaft zu einer Erhöhung des Werts der Gesellschaftsanteile führt und damit auch einen Vermögenzuwachs bei den anderen Gesellschaftern herbeiführt. Bei der Ermittlung des Vermögenszuwachses war bisher fraglich, wie dieser zu quantifizieren ist. Da beispielsweise eine disquotale Einzahlung in die Kapitalrücklage, die genutzt wurde, um notwendige Ersatzbeschaffungen zu tätigen, um den - wie bisher geplanten - Geschäftsfortgang zu gewährleisten, bei einer Unternehmensbewertung keinesfalls einen höheren Wert zu Tage fördern würde. Hier vertritt der der BFH die zu begrüßende Auffassung, dass die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft nach den Regeln des Bewertungsgesetzes zu ermitteln ist, was Bewertung mit dem gemeinen Wert unter Zugrundelegung von Verkäufen unter fremden Dritten oder den Ertragsaussichten der Gesellschaft bedeutet. Dazu ist der gemeine Wert des Anteils des potenziell Bedachten vor der Leistung an die Gesellschaft mit dem gemeinen Wert dieses Anteils nach der Leistung zu vergleichen. Diese Sichtweise würde mithin bei einer disquotalen Einzahlung für notwendige Ersatzbeschaffungen zu keiner Vermögensmehrung führen. Der BFH betont, dass dabei die Umstände des Einzelfalls geprüft werden müssen.

Ein entscheidender Punkt des Urteils ist zudem die Steuerbefreiung für Betriebsvermögen. Der BFH erteilt der analogen Anwendung der Steuerbefreiung auf den fiktiven Schenkungsteuertatbestand eine Absage. Der BFH stellt fest, dass es sich bei Werterhöhungen nicht um den Erwerb von Gesellschaftsanteilen handelt, womit keine Steuerbegünstigung vorgesehen ist.

Durch sein Urteil hat der BFH zur rechtssicheren Anwendung der Schenkungsfiktion beigetragen, wenngleich insbesondere das Außerachtlassen des Freigiebigkeitskriteriums für das Vorliegen einer Schenkung für Ernüchterung gesorgt hat.


Prof. Dr. Mario Henry Meuthen, Steuerberater

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