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2024

Standortvorteile im internationalen Steuerrecht

Bereits im letzten Jahr hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) zu verschiedenen Detailfragen in Zusammenhang mit Funktionsverlagerung und Verrechnungspreisbestimmung geäußert. Das Urteil enthält beachtenswerte Aussagen, wurde von der Finanzverwaltung bisher aber (noch) nicht offiziell veröffentlicht. Kürzlich erfolgt nun aber zumindest die Bekanntmachung durch den BFH selbst. Mit dem Urteil bekommt die praktisch relevante Diskussion der steuerlichen Würdigung von Standortvorteilen neuen Schwung.

Ausgangspunkt der Thematik ist, dass Unternehmen in unterschiedlichen Ländern ganz unterschiedliche Bedingungen vorfinden. Niedrige Lohnkosten, geringe Raumkosten, Subventionen, weniger Regulierung und andere Faktoren können zu Standortvorteilen führen. Eine Konzerngesellschaft in einem Land mit solchen Vorteilen kann z. B. zu günstigeren Preisen produzieren, als das in Deutschland möglich wäre. Im Rahmen der Verrechnungspreisermittlung stellt sich die Frage, wie diese Standortvorteile wirken. Liefert die ausländische Gesellschaft unter Anwendung der Kostenaufschlagsmethode mit einem moderaten Aufschlag an eine deutsche Gesellschaft, profitiert Letztere automatisch von den günstigeren Bedingungen im Ausland - mit der Folge eines höheren Steuersubstrats im Inland. Ein Ergebnis, auf das die Finanzämter in Betriebsprüfungen regelmäßig hinarbeiten. Auf Grundlage eines Urteils des Finanzgerichts Münsters aus dem Jahr 2006 gelingt es dabei bisher in der Regel, zumindest eine hälftige Aufteilung der Standortvorteile zu erreichen.

Der BFH hat dazu nun klargestellt, dass es so einfach nicht ist: Standortvorteile sind konkret zu ermitteln und anhand des Funktions- und Risikoprofils zwischen den beteiligten Gesellschaften aufzuteilen. Besondere Bedeutung soll dabei der "Marktmacht" der Beteiligten zukommen, indem "verfügbare Handlungsalternativen" berücksichtigt werden.

Ob das Urteil zu Gunsten oder zu Ungunsten der Steuerpflichtigen wirkt, lässt sich nur für den Einzelfall beurteilen. Fakt ist aber, dass die Verrechnungspreisthematik wieder um eine Facette reicher ist, für die es keine pauschale Lösung gibt.


Steffen Kopitza, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Master of Science

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Verpflichtung zur Sanktionslistenprüfung für Export und Import

Oft übersehen, deshalb jedoch nicht weniger prekär, ist die Strafvorschrift des § 18 Außenwirtschaftsgesetz (AWG). Jedes Unternehmen, das mit Gütern handelt, die von einem Ein- oder Ausfuhrverbot betroffen sein können, hat regelmäßig zu prüfen, ob Güter, Vertragspartner oder Länder, in die die Waren verbracht oder aus denen sie bezogen werden, von einer Sanktion des EU-Rechts betroffen sind. Andernfalls droht eine Zuwiderhandlung gegen EU-Vorschriften. Diese ist nach § 18 Abs. 1 AWG strafbar und kann die Verurteilung der verantwortlichen Mitarbeiter zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren nach sich ziehen!

Die strafrechtlich sanktionierten Verbots- und Genehmigungstatbestände betreffen neben der Ausfuhr von Waren beispielsweise auch den Kapital- und Zahlungsverkehr oder die Durchführung von Handelsgeschäften.

Nach § 18 Abs. 11 AWG wird lediglich nicht bestraft, wer bis zum Ablauf des zweiten Werktages handelt, der auf die Veröffentlichung des Rechtsaktes im Amtsblatt der EU folgt, wenn er von einem Verbot oder einem Genehmigungserfordernis zum Zeitpunkt der Tat keine Kenntnis hat. Diese äußerst kurz bemessene "Schonfrist" von zwei Werktagen sollte Anlass dazu geben, eine entsprechende Compliance-Struktur zu implementieren oder, falls bereits vorhanden, darauf zu überprüfen, ob sie die Vorgaben des AWG erfüllt.

Weil Sanktionen aufgrund rapider geopolitischer Entwicklungen oft in kürzester Zeit verhängt werden, sollte eine stetige Überwachung der Sanktionslisten stattfinden. Dies gelingt entweder durch speziell konzipierte Software oder durch Hinzuziehung von Unternehmen, die mit der Sanktionslistenprüfung betraut werden. Bei kleinen Unternehmen kann darüber nachgedacht werden, ob eine tägliche manuelle Prüfung der Listen durch eigene Mitarbeiter genügt. In diesem Fall ist aber unbedingt die regelmäßige Prüfung zu Beweiszwecken zu dokumentieren.


Helmut Heinrich, Wirtschaftsprüfer & Steuerberater

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Prüfungspflicht durch Inflation?

Im Steuerrecht sind die Wirkungen der Inflation spürbar: Die kalte Progression führt zu steigender Steuerlast, gleichzeitig verlieren Freibeträge an Wert. Aber die Inflation wirkt noch an ganz anderen Stellen, nämlich bei Grenzwerten in Geldeinheiten. Im Handelsgesetzbuch (HGB) gibt es Schwellenwerte für Berichts- und Offenlegungspflichten sowie für die Frage, ob der Jahresabschluss durch einen Wirtschaftsprüfer zu prüfen ist. Durch die Inflation können Unternehmen in die Prüfungspflicht wachsen, ohne dass sich deren Geschäftsvolumen tatsächlich verändert hat. Für die Unternehmen muss das nicht unbedingt ein Nachteil sein, kann eine mandantenorientierte Prüfung doch sogar einen Mehrwert bieten. Schwerer würde diese Entwicklung für die schon heute massiv unter dem Fachkräftemangel leidende Branche wiegen. Schließlich würden allein aufgrund der Inflation zahlreiche Unternehmen erstmals einen Wirtschaftsprüfer beauftragen müssen.

Angesichts dessen hält die EU-Kommission ausgehend von der kumulierten Inflationsrate im Euro-Währungsgebiet bzw. der gesamten EU im Zehnjahreszeitraum 2013 bis 2023 eine inflationsbedingte Bereinigung der Schwellenwerte um 25 % für notwendig. Bezugnehmend darauf hat das Bundesministerium der Justiz Ende 2023 eine Formulierungshilfe zu Änderungen des Handelsgesetzbuchs veröffentlicht, mit der die Werte um diese 25 % angehoben werden sollen. Konkret besteht diese Pflicht zur Prüfung bisher, wenn zwei der drei folgenden Grenzen an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren überschritten werden: 6 Mio. EUR Bilanzsumme, 12 Mio. EUR Umsatzerlöse (in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag) oder im Jahresdurchschnitt fünfzig Arbeitnehmer. Die beiden erstgenannten Grenzen sollen sich nun rückwirkend für Geschäftsjahre ab 2023 auf 7,5 Mio. EUR. bzw. 15 Mio. EUR erhöhen. Dies kann dazu führen, dass Unternehmen nicht mehr prüfungspflichtig sind bzw. doch nicht prüfungspflichtig werden. In Grenzfällen ist die Rechtsentwicklung bis zur Verabschiedung des Gesetzes im Auge zu behalten. Sollten die neuen Grenzen unterschritten werden, besteht selbstverständlich weiterhin die Möglichkeit einer freiwilligen Prüfung.


Stephan Dreckmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

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