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November 2020

Übertragung von Gesellschaftsanteilen an Minderjährige

Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an Minderjährige bringt zwei wesentliche rechtliche Problemfelder mit sich, nämlich die Vertretung des Minderjährigen sowie die Erforderlichkeit einer familiengerichtlichen Genehmigung. Werden die einzuhaltenden Regelungen nicht beachtet, kann dies zu erheblichen Nachteilen führen.

Ein geschäftsunfähiger Minderjähriger (bis zum vollendeten 7. Lebensjahr), auf den ein Gesellschaftsanteil übertragen werden soll, muss von seinen Eltern vertreten werden. Diese sind aber von der Vertretung ausgeschlossen, wenn ein Elternteil selbst, sein Ehegatte oder eine in gerader Linie mit ihm verwandte Person seinen Gesellschaftsanteil auf den Minderjährigen überträgt. Es ist ein zwingend Ergänzungspfleger zu bestellen. Ist der Minderjährige beschränkt geschäftsfähig (ab dem 7. Geburtstag), darf er solche Geschäfte allein abschließen, durch die er lediglich einen rechtlichen Vorteil erlangt. Ob dies insbesondere beim Erwerb eines geschenkten Kommanditanteils mit voll erbrachter Einlage der Fall ist, wird von den Obergerichten leider unterschiedlich beurteilt. Eine ohne die gegebenenfalls erforderliche Mitwirkung eines Pflegers vorgenommene Anteilsübertragung ist bis zur Genehmigung durch einen Pfleger oder durch das zwischenzeitlich volljährig gewordene Kind schwebend unwirksam.

Neben der Frage, ob die Bestellung eines Pflegers erforderlich ist, ist stets auch zu prüfen, ob die Übertragung einer familiengerichtlichen Genehmigung bedarf. Auch hier besteht mitunter Rechtsunsicherheit. So bedarf die Übertragung von Anteilen an vermögensverwaltenden Gesellschaften keiner Genehmigung, weil es sich nicht um ein „Erwerbsgeschäft“ im Sinne des BGB handelt. Die Abgrenzung ist mitunter schwierig. So hat das Oberlandesgericht Schleswig kürzlich den Gegenstand einer Familien-KG mit reiner Holding-Funktion als genehmigungspflichtiges „Erwerbsgeschäft“ eingestuft.

Auch die Frage, ob es einer familiengerichtlichen Genehmigung bedarf, wenn die Beteiligung - wie dies bei vorweggenommener Erbfolge die Regel ist - unentgeltlich übertragen wird, ist bislang nicht abschließend geklärt. Aus diesem Grund ist es in der Praxis verbreitet, die familiengerichtliche Feststellung einzuholen, dass der Anteilserwerb nicht genehmigungsbedürftig sei (sog. „Negativattest“). Auch dies birgt Risiken, da ein solches Negativattest die gerichtliche Genehmigung nicht ersetzt und keine bindende Wirkung hat. Statt sich auf ein Negativattest zu verlassen, ist es empfehlenswert, den beim Familiengericht zuständigen Rechtspfleger zu überzeugen, einen Pfleger zu bestellen und eine gerichtliche Genehmigung zu erteilen, um Rechtssicherheit herbeizuführen.

Möglicherweise wird der Gesetzgeber im Zuge der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrecht demnächst Rechtssicherheit schaffen. Im Referentenentwurf ist vorgesehen, dass sämtliche Übertragungen von Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften künftig von der Genehmigungspflicht erfasst sind – auch im Fall eines unentgeltlichen Erwerbs.


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Hart auf Kante: Steuern sparen mit dem Supervermächtnis

Die Regelung der persönlichen Vermögensnachfolge im Rahmen eines gemeinschaftlichen Ehegattentestamentes ist in einer Vielzahl von Fällen ein sinnvolles Gestaltungsmittel, um unter Berücksichtigung des Aspekts der Verteilungsgerechtigkeit sicherzustellen, dass der länger lebende Ehepartner abgesichert ist. Diese Gestaltung freilich kann bei größeren Vermögen zu pflichtteilsbedingten oder erbschaftssteuerlichen Liquiditätsabflüssen führen, die bei optimaler Gestaltung zu vermeiden oder zu verringern sind.

Im Fokus soll nachstehend der Aspekt der Steuerersparnis sein: Je nach Umfang des Vermögens kann es Sinn machen, den länger lebenden, allein erbenden Ehepartner mit Vermächtnissen zu beschweren. Vermächtnisnehmer sind vom Erben in der Weise zu unterscheiden, dass sie lediglich einen schuldrechtlichen Anspruch auf Herausgabe des angeordneten Vermächtnisses - sei es in Form von Sach- oder Barwerten - haben. Der Effekt ist evident: Die Belastung zur Herausgabe von Vermögenswerten führt beim überlebenden Ehegatten zu einer Minimierung des Nachlasswertes und hat gleichzeitig den Charme, dass Kinder nach dem erstversterbenden Elternteil die vollen Freibeträge nutzen können. Diese Methode bringt die Testierenden freilich in die Not, bereits zu einem vermutlich frühen Gestaltungszeitpunkt zu entscheiden, welche konkreten Werte wann als Vermächtnis zum Tragen kommen sollen. Genauso ist im Zeitpunkt der Testamentserrichtung oft unklar, ob die aktuelle Vermögens- und Interessenslage noch derjenigen am Todestag des Erstverstorbenen entspricht und insbesondere, welche konkreten Zuwendungsgegenstände vorhanden sein werden.

In der findigen kreativen Gestaltungspraxis begegnet man diesen Aspekten seit geraumer Zeit mit der Entwicklung eines "Supervermächtnisses". Kerngedanke dieser Vermächtnisanordnung ist, dass der überlebende Ehepartner als alleiniger Erbe nach billigem Ermessen bestimmen kann, wer aus dem Kreis der Vermächtnisnehmer ein Vermächtnis zu welchem Anteil erhalten soll; er kann außerdem den Gegenstand, die Bedingungen und den Zeitpunkt der Leistungen bestimmen - dies im Rahmen und insbesondere sogar unter Berücksichtigung seines eigenen Versorgungsinteresses. In der Rechtsliteratur wird kontroverses diskutiert, ob solche, an die Grenze der Unbestimmtheit reichenden, Regelungen in Testamenten zulässig sind. Kürzlich hat das Oberlandesgericht Hamm unter "zivilrechtlicher Beflaggung" entschieden, dass es immerhin zulässig sein soll, dem solchermaßen belastenden Erben eine auf dem Vertrauen des verstorbenen Ehegatten beruhende, sehr weitgehende Gestaltungsfreiheit einzuräumen. Eine klare Positionierung durch die steuerrechtliche Jurisprudenz steht demgegenüber bislang aus. Mit vorsichtiger Einschätzung steht der vermeintlichen Annahme eines Gestaltungsmissbrauches entgegen, dass die skizzierte Anordnung eines Supervermächtnisses eindeutige Rechtsgrundlagen im erbrechtlichen Teil des BGB aufweisen kann, die vornehmlich dazu dienen, die zivilrechtliche Verfügungsbefugnis des Beschwerten zwischen Testamentserrichtung und Erbfall aufrecht zu erhalten.

Bei der Gestaltung eines Supervermächtnisses dieser Art ist gleichwohl Vorsicht geboten: es empfiehlt sich, vorerst eine zeitnahe Erfüllung der Vermächtnisse anzuordnen; genauso das Vermächtnis zunächst als Sachvermächtnis anzulegen, jedoch dem beschwerten Erben zu erlauben, stattdessen eine Geldleistung zu erbringen, um das Risiko einer Abzinsung zu vermeiden.


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Virtuelle Weihnachtsfeier als begünstigte Betriebsveranstaltung?

Unternehmen, die in Corona-Zeiten die Weihnachtsfeier nicht absagen wollen, müssen erfinderisch werden und die Weihnachtsfeier z. B. in virtueller Form mittels einer Videokonferenz stattfinden lassen. In dem Zusammenhang stellt sich auch unweigerlich die Frage, ob es sich hierbei um eine steuerlich begünstigte Betriebsveranstaltung handeln kann. Gemäß den Vorgaben des Gesetzgebers aus 2015 spricht dem nichts entgegen, da eine örtliche, gemeinsame Gebundenheit der Teilnehmer nicht verlangt wird. Allerdings sind die allgemeinen Voraussetzungen für Betriebsveranstaltungen zu beachten.

Damit sich für den Arbeitnehmer kein steuerpflichtiger Arbeitslohn ergibt, ist die bekannte 110-EUR-Grenze pro Mitarbeiter einzuhalten. Lässt der Arbeitgeber im Rahmen der virtuellen Weihnachtsfeier zusätzlich Geschenke an Arbeitnehmer oder deren Angehörige liefern, darf der Wert des Geschenks 60 EUR (brutto) nicht überschreiten. Ein Geschenk kann dabei nicht zusätzlich zu den 110 EUR gewährt werden, sondern wird bei der Ermittlung einbezogen. Findet überhaupt keine Weihnachtsfeier statt, kann auch der steuerfreie Betrag in Höhe von 60 EUR für Geschenke nicht gewährt werden.


Stephan Dreckmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

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Berliner Testament - Pflichtteil "gegen sich selbst" kann Erbschaftsteuer sparen

Im Berliner Testament setzen sich Ehegatten gegenseitig zu Erben ein und bestimmen, dass erst nach dem Ableben des Letztversterbenden der gemeinsame Nachlass an die Kinder fallen soll. Beim Tod des Erstversterbenden erben die Kinder nichts. Damit wird der überlebende Ehegatte bestmöglich abgesichert. Allerdings entsteht durch die "Enterbung" ein Pflichtteilsanspruch der Kinder gegen den länger lebenden Ehegatten, der aber in der Praxis meist nicht geltend gemacht wird, da die testamentarische Regelung entweder von den Kindern akzeptiert wird oder eine Pflichtteilsstrafklausel diese von der Geltendmachung abhält.

Verstirbt der länger lebende Ehegatte, erbt das Kind auch die Pflichtteilsschuld "gegen sich selbst". Zivilrechtlich vereinigen sich Anspruch und Schuld und erlöschen. Steuerrechtlich kann die Geltendmachung des Pflichtteils dagegen nachgeholt werden. Die steuerlichen Nachteile des Berliner Testaments können so vermindert werden. Allerdings geht das nur in bestimmten Fällen: die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs betont, dass die nachträgliche Geltendmachung nur möglich ist, wenn die dreijährige Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen ist.


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Endlich: BMF äußert sich zur Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung

Gemäß den Vorgaben des Umsatzsteuergesetzes kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Der Besitz einer ordnungsgemäßen Rechnung ist dabei Voraussetzung für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts. Die europäische und deutsche Rechtsprechung haben sich in den vergangenen Jahren mit verschiedenen Sachverhalten beschäftigt, wann Rechnungen mit fehlerhaften Bestandteilen den Vorsteuerabzug nicht infrage stellen oder zumindest rückwirkend korrigiert werden können.

Mit dem lang ersehnten Schreiben aus September dieses Jahres hat nun auch die deutsche Finanzverwaltung endlich zur Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung sowie zum Vorsteuerabzug ohne ordnungsgemäße Rechnung Stellung genommen. Aus Sicht von Unternehmern und der umsatzsteuerlichen Beratungspraxis schaffen die Ausführungen zumindest in Bezug auf einige Themen Rechtssicherheit. So wird z. B. klargestellt, dass die rückwirkende Berichtigung eine berichtigungsfähige Rechnung voraussetzt. Dazu muss das zu berichtigende Dokument folgende Mindestangaben enthalten: Leistender Unternehmer, Leistungsempfänger, Leistungsbeschreibung, Entgelt sowie Steuerbetrag. Das Fehlen von anderen Rechnungspflichtangaben steht einer Rückwirkung nicht entgegen. Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung kann unter den allgemeinen Voraussetzungen z. B. durch Stornierung und Neuausstellung der Rechnung vorgenommen werden. Abschließend geklärt ist nunmehr auch, dass eine Rechnungsberichtigung kein rückwirkendes Ereignis ist, mit der Folge, dass eine Rechnungsberichtigung die Verzinsung nach § 233 AO nicht verhindert.

Zu anderen wichtigen Fragen, wie den Umfang der Leistungsbeschreibung, schafft das Schreiben dagegen keine Klarheit. Streit mit den Finanzämtern ist daher weiterhin vorprogrammiert.


Stephan Dreckmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

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Anschaffungsnahe Herstellungskosten - doch keine neue Gestaltungsmöglichkeit?

Aufwendungen für die Renovierung einer Immobilie, die in den ersten drei Jahren nach deren Erwerb getätigt werden, sind nicht sofort steuerlich abziehbar, wenn die Investitionen 15% der Anschaffungskosten der Immobilie übersteigen. Der Bundesfinanzhof hatte kürzlich im Sinne einer wörtlichen Auslegung der 15%-Regel entschieden, dass Aufwendungen, die nach Abschluss des Notarvertrags aber vor Übergang von Nutzen und Lasten vom Käufer getragen werden, nicht in die Prüfung der 15%-Regel einzubeziehen sind. Diese Entscheidung würde in einigen Fällen interessante Gestaltungen ermöglichen.

Leider zeigt sich, dass der Gesetzgeber die für den Steuerpflichtigen günstige Rechtsprechung aushebeln will. Der Finanzausschuss empfiehlt die gesetzlichen Grundlagen dahingehend anzupassen, dass zukünftig alle Aufwendungen, die nach dem Abschluss des Notarvertrags entstehen, in die Prüfung der 15%-Grenze einzubeziehen sind. Die Neufassung soll bereits auf Baumaßnahmen anzuwenden sein, mit denen Ende 2020 begonnen wird.


Christian Kaussen, Wirtschaftsprüfer & Steuerberater

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Erste Tätigkeitsstätte bei nur kurzer, aber vollzeitiger Bildungsmaßnahme

Der so genannten "ersten Tätigkeitsstätte" kommt im Einkommensteuerrecht erhebliche Bedeutung zu, da Fahrten zu dieser nur in Höhe von 30 Cent pro Entfernungskilometer angesetzt werden können und ein Abzug von Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwand nach Dienstreisegrundsätzen nicht möglich ist.

Auch Bildungseinrichtungen, die außerhalb eines Dienstverhältnisses für ein Vollzeitstudium oder einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht werden, gelten als erste Tätigkeitsstätte. Nach neuerer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gilt dies selbst bei kurzzeitigen Bildungsmaßnahmen. So stellte der BFH klar, dass ein viermonatiger Technikerlehrgang eine erste Tätigkeitsstätte am Ort der Bildungseinrichtung begründet. Die zeitliche Komponente ist für das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte unerheblich. Allein entscheidend ist, dass die Bildungseinrichtung dauerhaft, also mit einer gewissen Nachhaltigkeit, aufgesucht wird.


Prof. Dr. Mario Henry Meuthen, Steuerberater

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Start-ups: Neue Wege der Bewertung

Um wachsen zu können, benötigen Start-ups in der Regel Kapital, das vor allem von Risikokapitalgebern zur Verfügung gestellt wird. Niedrige Zinsen und eingeschränkte Investitionsmöglichkeiten sowie die Hoffnung auf schnelles Wachstum, machen Start-ups (nicht nur) für klassische Venture-Capital-Geber interessant. Doch bei aller Modernität bedarf es auch bei Venture-Capital-Deals zur Bestimmung des Unternehmenswerts einer fundierten Unternehmensbewertung. Allerdings weisen traditionelle Bewertungsverfahren erhebliche Schwachstellen bei der Bewertung von Start-ups auf.

In der Praxis kommen unterschiedliche Bewertungsverfahren zur Anwendung, die sich grundsätzlich in Einzel- und Gesamtbewertungsverfahren untergliedern lassen. Einzelbewertungsverfahren berücksichtigen lediglich bereits bestehende Vermögenswerte und sind für die Start-ups daher offensichtlich ungeeignet. Gesamtwertverfahren, z. B. das Discounted Cash Flow-Verfahren, stellen hingegen auf die zukünftig prognostizierte Ertragssituation ab. Bei Start-ups ist ein Venture-Capital-Geber hinsichtlich der prognostizierten zukünftigen Ertragssituation auf Daten und Einschätzungen der Gründer angewiesen, die häufig nicht in geeigneter Form vorliegen oder nicht ausreichend verlässlich erscheinen.

Bedingt durch diese Schwächen herkömmlicher Bewertungsmethoden tendieren Venture-Capital-Geber dazu, den Unternehmenswert im Rahmen eines Wertespektrums zu schätzen, anstatt einen konkreten Einzelwert zu ermitteln. Für die Bestimmung eines solchen Wertespektrums kommen Scoring-Modelle zur Anwendung, deren Vorteil vor allem in der Individualisierbarkeit liegt. Neben umfeld- und Start-up-spezifischen Kriterien werden auch spezifische Kriterien des Venture-Capital-Gebers und damit investorenspezifische Wertsteigerungspotentiale berücksichtigt. Die dem Scoring-Modell zugrundeliegenden Kriterien werden individuell gewichtet, so dass sowohl die Kriterien als auch deren Gewichtung den Fokus des Venture-Capital-Gebers auf Technologie, Märkte oder Personen widerspiegeln. Damit der finale Score in eine finanzielle Bewertung übersetzt werden kann, bedarf es eines Vergleichsdatensatzes tatsächlicher Transaktionen, mit dessen Hilfe dem Score ein finanzieller Wert zugeordnet werden kann.

Abseits herkömmlicher Unternehmensbewertungen zur Ermittlung eines "tatsächlichen Unternehmenswerts" kann ein solches quantitatives Scoring-Modell ein geeignetes Instrument zur Vorbereitung von Preisverhandlungen darstellen. Bei Vorliegen einer ausreichenden Anzahl von Marktpreisen als Bezugsgrößen müssen solche Verfahren gerade im Umfeld von Start-ups und Venture-Capital als ernstzunehmende Bewertungsalternativen ins Kalkül gezogen werden.


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Mitteilungspflicht für grenzüberschreitenden Steuergestaltungen ist scharf gestellt - Wie soll der Mittelstand reagieren?

In der Februarausgabe 2020 haben wir an dieser Stelle bereits unser Unbehagen über die neue Pflicht zur Meldung grenzüberschreitender Steuergestaltungen zum Ausdruck gebracht. Damals war noch vieles offen, verbunden mit der Hoffnung auf eine praktische Umsetzung mit Augenmaß. Diese wurde nicht erfüllt. Trotz Corona-Krise wurden die Regelungen zum 01.07.2020 scharf gestellt, und das, obwohl ein Aufschub bis März 2021 möglich gewesen wäre. Dies zeigt, wie groß die Hoffnungen des Fiskus in das Instrument sind. Insbesondere Steuerberater sollen zukünftig nach Entbindung von der berufsrechtlichen Schweigepflicht (!) nämlich Überlegungen zu - wohlgemerkt völlig legalen - grenzüberschreitenden Vorgängen offenlegen. Auf diese Weise soll der Fiskus schnell reagieren können und die Steuergesetzgebung optimal und vor allem profiskalisch ausgerichtet werden. Berater und im Einzelfall auch Unternehmen selbst dafür zu instrumentalisieren, ist an sich schon eine fragwürdige Idee, die bei maßvoller Gestaltung aber hätte gerade noch akzeptiert werden können. Weitgehende und überschießende Regelungen haben jedoch dazu geführt, dass die Regelungen mehr als fragwürdig geworden sind. Große Unternehmen und deren Berater haben sich dem Vernehmen nach vielfach dazu veranlasst gesehen, mit allergrößtem Aufwand eine ganz Flut von Meldungen abzugeben - teilweise rein vorsorglich. Auch an den Mittelstand werden darauf fußend immer häufiger Instrumente herangetragen, mit denen die Thematik bearbeitet werden soll. Drohkulisse zur Rechtfertigung des in der Regel immensen - auch finanziellen - Aufwands sind die im Raum stehenden Bußgelder.

Gerade Berater von familiengeführten, mittelständischen Unternehmen stellen sich nun die Frage, wie mit dem Dilemma umgegangen werden soll. Einerseits müssen steuerliche Pflichten - und seien diese noch so absurd - sorgfältig umgesetzt werden. Andererseits soll selbstverständlich unnötiger Aufwand auf allen Seiten vermieden werden. Die Mitteilungspflichten machen es hier schwer: Das Argument, ein Unternehmen und dessen Berater zielen nicht auf aggressive Steuergestaltungen ab, hilft nicht. Aus Sicht der Finanzverwaltung reicht nämlich schon die Nutzung normaler steuerlicher Freibeträge aus, um von einer Steuergestaltung auszugehen. Eine "White List" mit der Finanzverwaltung bereits bekannten steuerlichen Vorgängen, gibt es zwar, diese deckt aber bei weitem nicht alle "ganz normalen" grenzüberschreitenden Strukturierungen ab. Wir gehen derzeit davon aus, dass der Umfang der Meldepflichten im Mittelstand aber in der Regel trotzdem überschaubar bleibt, weil die für eine Meldung notwendigen so genannten "Kennzeichen" so speziell sind, dass diese häufig nicht erfüllt sind und letztendlich keine Meldung notwendig ist. Trotzdem muss der Steuerberater zukünftig sehr genau hinschauen und ein möglichst weitgehender Dialog zwischen Mandant und Berater in Hinblick auf internationale Aktivitäten ist Voraussetzung, um das Risiko überschaubar zu halten.


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