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Januar 2024

Entgrenzung der Arbeit

Ein Unternehmen mit Sitz in Deutschland beschäftigt Mitarbeiter, die ihre Arbeitsleistung im Ausland erbringen. Von dieser Ausgangslage gibt es so zahlreiche Varianten wie Gestaltungsmöglichkeiten. Arbeitnehmer können dabei nicht beanspruchen, mobil bzw. im Ausland tätig zu sein, die Anordnung einer Auslandstätigkeit über das Weisungsrecht des Arbeitgebers ist jedoch zulässig.

Die gute Nachricht zuerst: Das nationale und europäische Recht gewährt Arbeitgebern in vielen Punkten vertraglichen Gestaltungsspielraum, der - Bekanntheit vorausgesetzt - sinnvoll genutzt werden kann. Arbeitgeber können so ihr rechtliches Risiko senken und transparente Verträge mit hoher Akzeptanz sowie Verbindlichkeit im Beschäftigungsverhältnis schaffen. Das kann einvernehmlich und freiwillig beispielsweise über eine Zusatzvereinbarung zum Arbeitsvertrag erfolgen.

Gesetzliche Regelungen zur Auslandtätigkeit z. B. im Nachweisgesetz und Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) sind deutschen Arbeitgebern inzwischen hinlänglich bekannt. Gut organisierte Personaler händigen ihren Beschäftigten vor deren Abreise die ergänzenden Arbeitsbedingungen schriftlich aus und weisen verbindlich nach, dass klare Regelungen bestehen. Sie kennen und beachten die Mindestarbeitsbedingungen aus dem AEntG, die Entlohnung, den Mindestjahresurlaub oder Höchstarbeitszeiten betreffend, auch erfüllen sie die Meldepflichten gegenüber den nationalen Behörden im Ausland. Auch das Sozialversicherungsrecht bereitet im Regelfall wenig Probleme. Mit der A1-Bescheinigung entfällt die mehrfache Zahlung von SV-Beiträgen, in Drittstaaten gelten meist bilaterale Sozialversicherungsabkommen.

 

Interessant wird es hinsichtlich der Vertragsgestaltung bei Sonderformen wie im Fall des "Employer of Record (EoR)", eine Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des deutschen Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG), streng reguliert und grundsätzlich erlaubnispflichtig. Über das Territorialitätsprinzip wird deutsches Recht abbedungen, wenn der Sachverhalt einen hinreichenden Bezug zum Ausland aufweist, also der "EoR" seinen Sitz im Ausland hat und der Beschäftigte tatsächlich ausschließlich im Ausland tätig ist. Auch nur kurze Aufenthalte in Deutschland riskieren diesen Status, eine Teilnahme dieser Beschäftigten an innerdeutschen Meetings in Präsenz muss sorgfältig abgewogen werden.

Die Beauftragung von selbständig tätigen Dienstleistern im Ausland birgt dagegen die Gefahr der Scheinselbständigkeit mit den hinlänglich bekannten Rechtsfolgen, die sich allein durch die Vertragsgestaltung nicht begrenzen lassen.

Ein Vertrag mit klaren Regeln ist eine gute Grundlage für eine Verlagerung der Arbeitsleistung ins Ausland. Das häufig nicht erkannte Risiko besteht in der Abweichung von diesen Verträgen im Alltagsgeschäft und der operativen Umsetzung der Vertragsinhalte. Schulungen, interne Revision und klare Organisationsstrukturen minimieren das Haftungsrisiko für Arbeitgeber.


Niklas Nolte, Steuerberater, B.A.

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Wegzugsbesteuerung: Was passiert bei Wertminderungen nach dem Wegzug?

Der Umzug eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft von Deutschland in ein anderes Land kann die deutsche Wegzugsbesteuerung auslösen. In diesem Fall gelten die Anteile als veräußert, mit der Folge, dass ein fiktiver Veräußerungsgewinn zu ermitteln und zu versteuern ist. Es soll so das Besteuerungsrecht Deutschlands für die bis zum Zeitpunkt des Umzugs entstandenen und in den Anteilen enthaltenen stillen Reserven sichergestellt werden.

Wie ist jedoch mit einer Wertminderung umzugehen, die nach dem Wegzug eingetreten und durch Anteilsveräußerung tatsächlich realisiert wurde? Der Bundesfinanzhof urteilte dazu zu einem Wegzug im Jahr 2012, dass die Wertminderung rückwirkend im Wegzugsjahr bei der deutschen Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen ist, vorausgesetzt, dass diese nicht bereits im Zuzugsstaat steuermindernd angesetzt worden ist. Dabei trägt der Steuerpflichtige nicht die Feststellungslast für die Nichtberücksichtigung im Zuzugsstaat. Es ist auch nicht Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige im Zuzugsstaat beim dortigen Finanzamt die Berücksichtigung der Wertminderung erfolglos beantragt hat. Das Urteil erging jedoch zum alten Recht und ist nur auf Wegzüge bis 31.12.2021 anwendbar.

Die aktuelle Fassung des Außensteuergesetzes sieht eine nachträgliche Berücksichtigung von Wertminderungen im Wegzugsstaat nicht mehr vor. Laut Auffassung der Finanzverwaltung sind Wertminderungen nach Wegzug unbeachtlich, auch wenn diese bei einer tatsächlichen Veräußerung zu einem geringeren Gewinn als dem fiktiv ermittelten führen. Ob diese Haltung mit dem Unionsrecht vereinbar ist, scheint fraglich und muss in zukünftigen Verfahren geklärt werden.


Claudia Schäfer, Steuerberaterin

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90 %-Test für Betriebsvermögensverschonung: BFH hilft zumindest Handelsunternehmen

Die Übertragung von Anteilen an Unternehmen im Wege einer Erbschaft oder Schenkung sind vielfach erbschaft- bzw. schenkungssteuerbegünstigt. Die gesetzlichen Voraussetzungen zur Erlangung der Begünstigungen sind nach den letzten Reformierungen des Erbschaftsteuergesetzes zahlreich. Am Anfang der Begünstigungsprüfung steht immer der sogenannte 90%-Test. Vorgenannter Test prüft, ob die Summe des Verwaltungsvermögens mehr als 90% des Wertes des gesamten Betriebsvermögens beträgt. Da zum Verwaltungsvermögen nicht nur liquide Mittel zählen, sondern u. a. auch Forderungen, kann der sogenannte 90 %-Test insbesondere Handelsunternehmen (stichtagsbezogen) zum Verhängnis werden. Sofern der 90%-Test nicht bestanden wird, wird jegliche Begünstigung bei der Erbschaft- bzw. Schenkungssteuer versagt.

Vorgenannte Regelung führte in einem vom Finanzgericht Münster (FG) beurteilten Fall zu einer Begünstigungsversagung bei einem Handelsunternehmen, welches dem Sinn und Zweck der Begünstigungsregelungen nach sehr wohl eine Begünstigung hätte erhalten sollen. Sinn und Zweck der Regelung ist es nämlich, durch die Vermeidung einer Steuererhebung auf illiquides Unternehmensvermögen nicht das Unternehmen selbst, die Arbeitsplätze und damit mittelbar auch das künftige Besteuerungssubstrat zu gefährden. Profitieren sollen von dieser Regelung jedoch nur Unternehmen, die volkswirtschaftlichen „Mehrwert“ schaffen und nicht ganz überwiegend Vermögen verwalten.

Im Urteil erhob das FG verfassungsrechtliche Bedenken, ob der sog. 90 %-Test tatsächlich das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel im Einzelfall erreicht. Insbesondere hatte das FG massive Bedenken hinsichtlich der Berechnungssystematik beim 90%-Test, da dieser das Brutto-Verwaltungsvermögen (vor Schuldensaldierung) mit dem Netto-Betriebsvermögen (nach Schuldensaldierung) vergleicht. Das Revisionsurteil des Bundesfinanzhofs (BFH) hob die Entscheidung des FG zugunsten des Steuerpflichtigen zwar aus verfahrensrechtlichen Gründen auf, gab dem FG jedoch in der Sache Recht. Der BFH entschied folgerichtig, dass für den 90 %-Test beim Verwaltungsvermögen ebenfalls eine Schuldensaldierung zu erfolgen hat.

Das Urteil ist von grundsätzlicher Bedeutung und gib insbesondere Unternehmen mit (temporär) hohen Bank- und/oder Forderungsbeständen die Hoffnung, eine Erbschaft- bzw. Schenkungssteuerbegünstigung doch nicht zwingend gänzlich zu verlieren.


Prof. Dr. Mario Henry Meuthen, Steuerberater

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Verkürzter Prognosezeitraum bei Überschuldungsprüfung ausgelaufen!

Bei juristischen Personen (GmbH, AG) ist die Überschuldung ein zur Insolvenzantragsstellung verpflichtender Eröffnungsgrund. Eine Pflicht zur Antragsstellung besteht jedoch nicht, wenn die Fortführung des Unternehmens in den nächsten zwölf Monaten überwiegend wahrscheinlich ist. Um der als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine angespannten Lage am Energie- und Rohstoffmarkt zu begegnen, wurde der Prognosezeitraum ab 9.1.2022 bis Ende 2023 auf vier Monate verkürzt. Zuvor war der Zeitraum bereits aufgrund der Coronakrise verkürzt. Die Fortführungsprognose musste mithin nur in den nächsten vier Monaten überwiegend wahrscheinlich sein, selbst wenn diese für einen Zeitraum von zwölf Monaten negativ ausgefallen wäre. Seit 1.1.2024 gilt nun wieder der ursprüngliche Zeitraum von zwölf Monaten. Verpflichtete nach der Insolvenzordnung müssen dies bei ihrer Liquiditätsplanung entsprechend berücksichtigen.


Steffen Kopitza, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Master of Science

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Mitteilungspflichten bei Auslandsbeziehungen - Pflichten bei ausländischen Beteiligungen beachten!

Geschäftsaktivitäten deutscher Unternehmen im Ausland sind heute eher die Regel als die Ausnahme. Um sicherzustellen, dass dem Fiskus das Steueraufkommen aus dem ausländischen Engagement nicht verloren geht, hat der Gesetzgeber in den letzten Jahren eine Vielzahl von mitteilungspflichtigen Sachverhalten in die Abgabenordnung aufgenommen. Diese Bestimmungen dienen der frühzeitigen Erfassung potenziell zu besteuernder Auslandseinkünfte.

Neben der Gründung eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Ausland ist auch der Erwerb, die Aufgabe oder die Veränderung einer Beteiligung an ausländischen Personengesellschaften anzuzeigen. Darüber hinaus ist der Erwerb oder die Veräußerung von ausländischen Beteiligungen relevant, wenn damit mindestens 10 % am Kapital oder Vermögen der Gesellschaft erreicht wird oder die Summe der Anschaffungskosten aller Beteiligungen mehr als 150.000 EUR beträgt (Ausnahme: Beteiligungshöhe weniger 1%). Sofern erstmals auf eine Gesellschaft außerhalb der EU ein beherrschender Einfluss ausgeübt werden kann, ist dies ebenfalls anzuzeigen.

Häufig wird übersehen, dass auch aus Umstrukturierungs- und Umwandlungsvorgänge ohne unmittelbaren Auslandsbezug anzeigepflichtige Sachverhalte resultieren können, wenn es durch die Umstrukturierung zu Anteilseignerwechseln bei ausländischen Gesellschaften kommt. Die Mitteilungspflicht von mittelbaren Erwerben ist dabei umstritten, da diese dem Wortlaut der Vorschrift nicht zu entnehmen ist.

Grundsätzlich ist die Anzeige für alle seit 1.1.2018 verwirklichten Sachverhalte mit Abgabe der Steuererklärung an das für den Steuerpflichtigen zuständige Finanzamt nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erstatten. Die Frist endet spätestens 14 Monate nach Ablauf des Besteuerungszeitraums, in dem der mitzuteilende Sachverhalt verwirklicht wurde - möglicherweise also noch vor Abgabe der Steuererklärung.

Anzeigen, die vorsätzlich oder leichtfertig unvollständig oder nicht rechtzeitig erstattet werden, stellen Ordnungswidrigkeiten dar und können mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 EUR geahndet werden.


Daniela Düwel, Steuerberaterin, Diplom-Betriebswirtin

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Bauabzugsteuer: Nicht nachlässig mit Freistellungsbescheinigungen umgehen!

Unternehmen sind als Leistungsempfänger von Bauleistungen verpflichtet, vom Rechnungsbetrag Bauabzugssteuer in Höhe von 15 % einzubehalten und für Rechnung des Bauleistenden an sein Finanzamt abzuführen. Diese Pflicht entfällt, wenn der Bauunternehmer eine gültige Freistellungsbescheinigung vorlegt.

Wird ohne gültige Freistellungbescheinigung kein Steuerabzug vorgenommen, steht die Gefahr des Vorwurfs der Steuerhinterziehung bzw. der Gefährdung der Abzugssteuern im Raum, welche nur schwer zu entkräften sein dürfte. Dies gilt auch dann, wenn eine gefälschte oder durch falsche Angaben erwirkte Freistellungsbescheinigung vorgelegt wurde und dies der Leistungsempfänger infolge grober Fahrlässigkeit nicht erkannt hat. Um Strafverfahren oder Bußgelder sicher zu vermeiden, empfiehlt sich in der Praxis die Prüfung der Freistellungbescheinigung über das Bundeszentralamt für Steuern.


Prof. Dr. Mario Henry Meuthen, Steuerberater

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Umsatzsteuerberichtigung bei Uneinbringlichkeit von Forderungen

Ist ein vereinbartes Entgelt für eine steuerpflichtige Leistung uneinbringlich geworden, hat der Unternehmer den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Der Unternehmer kann also die im Rahmen der Soll-Versteuerung bereits an das Finanzamt abgeführte Umsatzsteuer von diesem zurückfordern. Fraglich ist der Zeitpunkt, zu dem ein Entgelt als uneinbringlich gilt und die Rückforderung der abgeführten Umsatzsteuer erfolgen muss.

Die Uneinbringlichkeit eines Entgelts liegt vor, wenn bei einer objektiven Beurteilung davon auszugehen ist, dass der Leistende die Forderung (ganz oder teilweise) voraussichtlich weder rechtlich noch tatsächlich in absehbarer Zeit durchsetzen kann. Dies trifft insbesondere zu, wenn der Leistungsempfänger die Existenz der Forderung substantiiert bestreitet, die erstellte Rechnung beanstandet und somit erklärt, die Entgeltforderung (ganz oder teilweise) nicht zu begleichen. Eine zu späte Berichtigung kann im schlimmsten Fall dazu führen, dass das Finanzamt die Umsatzsteuer nicht mehr erstatten muss.


Christian Kaussen, Wirtschaftsprüfer & Steuerberater

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Kuriosität bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften oder "Die Aufwärtsabfärbung"

Anders als Kapitalgesellschaften unterliegen Personengesellschaften den Regelungen der Einkommensteuer und können daher grundsätzlich beispielsweise auch freiberufliche Einkünfte oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen. Das kann Vorteile mit sich bringen, weil einerseits Sonderregelungen wie die Möglichkeit der steuerfreien Veräußerung einer Mietimmobilie nach zehn Jahren zur Anwendung kommen und andererseits neben der Einkommensteuer keine Gewerbesteuer erhoben wird. Dabei ist aber ein Nebeneinander von gewerblichen und anderen Einkünften nicht vorgesehen. Das heißt: Erzielt eine Personengesellschaft auch gewerbliche Einkünfte, färben diese auf alle anderen Einkünfte ab. Die vermögensverwaltende Personengesellschaft wird gewerblich - mit den entsprechenden steuerlichen Folgen. Vorsicht ist deshalb beispielsweise geboten, wenn neben Vermietung und Verpachtung weitere Dienstleistungen erbracht werden. Besonders weitreichende steuerliche Folgen ergeben sich, wenn eine Abfärbung versehentlich "entfällt" und es in der Folge zu einer steuerlich relevanten Entnahme des Vermögens aus dem Betriebsvermögen kommt. Die Abfärbung ist damit eine Regelung, die ein dauerndes Risiko für vermögensverwaltende, aber auch freiberufliche Personengesellschaften birgt.

Zu einer Abfärbung kommt es dabei auch, wenn die vermögensverwaltende Personengesellschaft einen Anteil an einer anderen Personengesellschaft hält, die gewerbliche Einkünfte erzielt. Ein Umstand, der dem deutschen Steuerrecht einen so schönen Begriff wie "Aufwärtsabfärbung" beschert! Diese Sichtweise der Finanzverwaltung hat der Bundesfinanzhof (BFH) inzwischen mehrfach bestätigt, insbesondere auch mit dem Hinweis, dass der Umfang der Einkünfte aus der gewerblichen Tochtergesellschaft für die Abfärbung unerheblich ist.

Wirklich Kurioses bietet die Aufwärtsabfärbung aber seit 2019. In diesem Jahr hat der BFH zwar ebenfalls bestätigt, dass die Mutterpersonengesellschaft zwingend gewerbliche Einkünfte erzielt, in diesem Fall aber ausnahmsweise trotzdem nicht der Gewerbesteuer unterliegt. Das Auseinanderfallen von gewerblichen Einkünften in der Einkommensteuer und Gewerbesteuerpflicht eröffnet einen ungewöhnlichen Sonderfall. Das entspricht wohl dem Eindruck der Finanzverwaltung, die - auch aus fiskalischen Gründen? - eine Nichtanwendung dieser Rechtsprechung anordnete. Im Herbst 2023 konnte der BFH diese Rechtsauffassung nun aber bekräftigen. Damit wird der Finanzverwaltung kaum eine andere Möglichkeit bleiben, als die Sichtweise des BFH zu übernehmen. Außer der Gesetzgeber lässt sich aktivieren und schafft ein "Nichtanwendungsgesetz". Für Steuerpflichtige und Berater bleibt mal wieder nichts anderes als abzuwarten!


Helmut Heinrich, Wirtschaftsprüfer & Steuerberater

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Prüfungspflicht durch Inflation?

Im Steuerrecht sind die Wirkungen der Inflation spürbar: Die kalte Progression führt zu steigender Steuerlast, gleichzeitig verlieren Freibeträge an Wert. Aber die Inflation wirkt noch an ganz anderen Stellen, nämlich bei Grenzwerten in Geldeinheiten. Im Handelsgesetzbuch (HGB) gibt es Schwellenwerte für Berichts- und Offenlegungspflichten sowie für die Frage, ob der Jahresabschluss durch einen Wirtschaftsprüfer zu prüfen ist. Durch die Inflation können Unternehmen in die Prüfungspflicht wachsen, ohne dass sich deren Geschäftsvolumen tatsächlich verändert hat. Für die Unternehmen muss das nicht unbedingt ein Nachteil sein, kann eine mandantenorientierte Prüfung doch sogar einen Mehrwert bieten. Schwerer würde diese Entwicklung für die schon heute massiv unter dem Fachkräftemangel leidende Branche wiegen. Schließlich würden allein aufgrund der Inflation zahlreiche Unternehmen erstmals einen Wirtschaftsprüfer beauftragen müssen.

Angesichts dessen hält die EU-Kommission ausgehend von der kumulierten Inflationsrate im Euro-Währungsgebiet bzw. der gesamten EU im Zehnjahreszeitraum 2013 bis 2023 eine inflationsbedingte Bereinigung der Schwellenwerte um 25 % für notwendig. Bezugnehmend darauf hat das Bundesministerium der Justiz Ende 2023 eine Formulierungshilfe zu Änderungen des Handelsgesetzbuchs veröffentlicht, mit der die Werte um diese 25 % angehoben werden sollen. Konkret besteht diese Pflicht zur Prüfung bisher, wenn zwei der drei folgenden Grenzen an den Abschlussstichtagen von zwei aufeinanderfolgenden Geschäftsjahren überschritten werden: 6 Mio. EUR Bilanzsumme, 12 Mio. EUR Umsatzerlöse (in den zwölf Monaten vor dem Abschlussstichtag) oder im Jahresdurchschnitt fünfzig Arbeitnehmer. Die beiden erstgenannten Grenzen sollen sich nun rückwirkend für Geschäftsjahre ab 2023 auf 7,5 Mio. EUR. bzw. 15 Mio. EUR erhöhen. Dies kann dazu führen, dass Unternehmen nicht mehr prüfungspflichtig sind bzw. doch nicht prüfungspflichtig werden. In Grenzfällen ist die Rechtsentwicklung bis zur Verabschiedung des Gesetzes im Auge zu behalten. Sollten die neuen Grenzen unterschritten werden, besteht selbstverständlich weiterhin die Möglichkeit einer freiwilligen Prüfung.


Stephan Dreckmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

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