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September 2024

E-Autos: Degressive Abschreibungen und Ausweitung der Begünstigung bei der 1 %-Regelung

Im August 2024 nahm die Zahl der Neuzulassungen von Elektroautos um fast 70 % im Vergleich zum Vorjahresmonat ab. Diese Entwicklung wird unter anderem auf die Abschaffung entsprechender Steuervorteile im Jahr 2023 zurückgeführt. Die Bundesregierung plant deshalb neue steuerliche Förderungen. Um Anreize für Elektrofahrzeuge als Dienstwagen zu schaffen, ist die Einführung einer arithmetisch-degressiven Abschreibung für Unternehmen geplant. So soll im ersten Jahr eine Abschreibung von 40 %, im zweiten Jahr von 24 % und so weiter ermöglicht werden. Darüber hinaus soll die private Nutzung von E-Dienstwagen umfassender begünstigt werden.
Aktuell wird bei der Ermittlung des Sachbezugswerts der Privatnutzung von E-Autos nur ein Viertel des Bruttolistenpreises zugrunde gelegt, wenn dieser maximal 70.000 EUR beträgt. Diese Deckelung soll auf 95.000 EUR angehoben werden. Anders als die schnellere Abschreibung, bei der er sich lediglich um einen temporären Effekt handelt, stellt die Ausweitung der begünstigten Privatnutzung auch auf höherpreisige Fahrzeuge eine dauerhafte Steuerersparnis für diese Fälle dar. Die Regelungen sollen für E-Autos gelten, die in der Zeit ab Juli 2024 bis Dezember 2028 angeschafft werden, müssen aber zunächst noch von Bundestag und -rat beschlossen werden.


Niklas Nolte, Steuerberater, B.A.

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Influencer im Fokus des Steuerrechts

Wer sich in den sozialen Medien erfolgreich präsentiert und über ausreichend Follower verfügt, hat verschiedene Möglichkeiten, Einnahmen zu erzielen. Auch wenn hier oftmals private Sphäre und Einnahmenerzielung verschwimmen, gelten für Influencer die allgemeinen steuerlicher Regelungen. Jüngst hat die Finanzverwaltung dazu wichtige Eckpunkte klargestellt: Neben Geldzahlungen kann auch der unentgeltliche Erhalt von Produkten oder Dienstleistungen (z. B. Hotelübernachtungen) zur Steuerpflicht führen, wobei - gerade am Anfang der Tätigkeit - die für eine Besteuerung notwendige Gewinnerzielungsabsicht diskutiert werden kann. Ausgaben können nur abgezogen werden, wenn diese nicht dem privaten Bereich zugeordnet werden müssen (wie z. B. jegliche Art "normaler" Kleidung). Besonderheit bei einem Influencer kann ein so genanntes "kommerzialisierbares Namensrecht" sein, das einerseits gegebenenfalls steuermindernd abgeschrieben werden kann, andererseits aber bei einem späteren Wegzug ins (steuergünstigere) Ausland eine Schlussbesteuerung in Deutschland auslösen könnte.


Dirk Jagemann, Steuerberater

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Sonderabschreibungen für neue Mietimmobilien

Mit Sonderabschreibungen soll der Mietwohnungsneubau steuerlich gefördert werden. Sonderabschreibungen stellen zwar nur einen temporären steuerlichen Effekt dar, können wirtschaftlich aber vorteilhaft wirken, weil zu Beginn der Vermietung Steuerzahlungen vermindert werden und zunächst eine höhere Liquidität verbleibt. In späteren Jahren kehrt sich dieser Effekt um.

 

Die Sonderabschreibung knüpft an verschiedene Voraussetzungen, die aufgrund erheblich gestiegener Baukosten inzwischen teilweise nicht mehr zeitgemäß sind. Mit dem Wachstumschancengesetz reagierte der Gesetzgeber darauf und justierte die Regelungen zur Sonderabschreibung nach.

 

Folgende Voraussetzungen gelten:

 

  • Zeitfenster: Eine 5%ige Sonderabschreibung im Jahr der Anschaffung und in den folgenden drei Jahren setzt voraus, dass ein Bauantrag oder eine Bauanzeige im Zeitraum 1.1.2023 bis 30.9.2029 erfolgt.

 

  • Effizienzvorgaben: Die Sonderabschreibung kann nur gewährt werden, wenn die Kriterien für ein „Effizienzhaus 40“ mit Nachhaltigkeitsklasse erfüllt und durch ein „Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude“ nachgewiesen wird.

 

  • Baukostenobergrenze: Es gilt eine Baukostenobergrenze von 5.200,00 EUR/qm Wohnfläche. Fallen höhere Anschaffungs-/ Herstellungskosten pro qm Wohnfläche an, führt das zum vollständigen Ausschluss der Sonderabschreibung.

 

  • Förderhöchstgrenze: Es greift eine Förderhöchstgrenze von 4.000,00 EUR/qm Wohnfläche. Die Baukostenobergrenze darf nicht mit der Förderhöchstgrenze verwechselt werden. Während Erstere über das „ob“ der Förderung entscheidet, deckelt Letztere lediglich die Höhe der Abschreibung.

 

Vermieter, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielen, müssen bei Beantragung der Sonderabschreibung nach neuem Recht die Voraussetzungen nach der De-Minimis-Verordnung nicht einhalten. Diese Regelung gilt nur noch, sofern die Sonderabschreibung im Rahmen einer Gewinnermittlung geltend gemacht wird.

 

Das Bundesfinanzministerium hat zur alten und neuen Fassung der Sonderabschreibung zwei Checklisten veröffentlicht. Diese sollten bei Beantragung der Sonderabschreibung mit der Steuererklärung übermittelt werden, um Nachfragen des Finanzamtes zu vermeiden.

Die signifikante Anhebung der Förderhöchstgrenze für aktuelle Neubauprojekte (um beachtliche 60 %) macht die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung nun erheblich attraktiver, da Baukosten stärker in die Bemessungsgrundlage einfließen.


Claudia Schäfer, Steuerberaterin

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Begünstigte Übertragung von Wohnimmobilien in Drittländern

Das deutsche Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz gewährt eine Steuerbefreiung in Höhe von 10 % für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke. Letztes Jahr hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass diese Steuerbefreiung, wonach nur Grundstücke im Inland oder einem EU- /EWR-Mitgliedstaat, nicht aber Grundstücke in Drittstaaten begünstigt werden, gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt. Deshalb verfügten jetzt die obersten Finanzbehörden der Länder, dass die Begünstigung in allen offenen Fällen auch dann zu gewähren ist, wenn das Grundstück in einem Drittstaat belegen ist und in Bezug auf die Erbschaft- und Schenkungsteuer ein Informationsaustausch mit diesem Drittstaat sichergestellt ist. Das ist der Fall, wenn der Drittstaat mit Deutschland ein DBA abgeschlossen hat und darin ein Informationsaustausch unter Einschluss der Erbschaft- und Schenkungsteuer enthalten ist. Das gilt beispielsweise für die Schweiz, die USA oder auch die Türkei.

 


Daniela Düwel, Steuerberaterin, Diplom-Betriebswirtin

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BFH bestätigt Rückstellung für "Altersfreizeit"

Verschiedentlich sehen Tarifverträge die Verpflichtung für den Arbeitgeber vor, älteren Arbeitnehmern ab einem bestimmten Alter und abhängig von der Betriebszugehörigkeit zusätzliche Urlaubstage zu gewähren. Bisher ging die Finanzverwaltung in diesen Fällen davon aus, dass für diese zusätzlichen Urlaubstage keine Rückstellung gebildet werden darf. Dem ist der Bundesfinanzhof nun entgegengetreten: Die Altersfreizeit werde von den Mitarbeitern durch ihre Arbeitsleistung bis zum Erreichen der Altersgrenze und der notwendigen Betriebszugehörigkeit erdient, ist damit verursacht und letztendlich auch rückstellungsfähig. Der Aufwand für die Altersfreizeit wirkt sich damit steuerlich schon früher aus. Bei der Bewertung sind Abzinsungsgebot und geschätzte Fluktuation zu berücksichtigen.


Helmut Heinrich, Wirtschaftsprüfer & Steuerberater

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Die Wirtschafts-Identifikationsnummer kommt (endlich?)!

Für natürliche Personen gibt es sie schon lange: die allgemeingültige und auf Lebzeiten zugeteilte Identifikationsnummer. Für Unternehmen fehlte das bisher, obwohl die so genannte Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) für Unternehmen schon lange im Gesetz angelegt ist. Erst jetzt wird mit der Umsetzung begonnen.

 

Die Nummer soll eine eindeutige und übergreifende Identifikation aller wirtschaftlich Tätigen unabhängig von ihrer Rechtsform ermöglichen. Sie wird hinsichtlich ihres Aufbaus der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) nachempfunden. Unternehmen, die eine USt-IdNr. haben, verwenden zukünftig diese auch als W-IdNr. Für die erste wirtschaftliche Tätigkeit wird dieser die Ziffern 00001 angehängt. Dieser "Anhang" zählt zukünftig hoch, wenn weitere wirtschaftliche Tätigkeiten (z. B Betriebsstätten) begründet werden. Die Zuteilung erfolgt durch Allgemeinverfügung. Umsatzsteuerliche Unternehmer, die über keine USt-IdNr. verfügen, bekommen bei Elsterregistrierung eine W-IdNr. zugeteilt, die dann gleichzeitig auch als USt-IdNr. verwendet werden kann. Für alle anderen bereite das ohnehin schon überlastete Bundeszentralamt für Steuern ab November die Zuteilung vor, wobei von dort schon im Vorfeld die Meldung kam, dass sich dadurch auch die Zuteilung von USt-IdNr. verzögern kann.


Steffen Kopitza, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater und Master of Science

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Erbschaftsteuerliche Begünstigungen und Erbauseinandersetzung - Vorsicht Falle!

Das Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz kennt verschiedenste Begünstigungsvorschriften - beispielsweise für Betriebsvermögen, vermietete Wohnungen oder auch das selbstgenutzte Familienheim. So unterschiedlich die Vorschriften sind, allen ist gemein, dass die Begünstigung nicht möglich ist, soweit das erhaltene Vermögen weiterübertragen wird. Dies ist in Erbfällen regelmäßig dann der Fall, wenn ein Nachlass im Rahmen einer Erbauseinandersetzung geteilt werden muss. In diesen Fällen ist es jedoch möglich, dass derjenige, auf den das Vermögen letztlich übertragen wird, die Begünstigung in Anspruch nimmt. Damit das aber tatsächlich funktioniert, ist bei der Erbauseinandersetzung Sorgfalt geboten.

 

Entscheidend ist, dass die Weiterübertragung der betroffenen Vermögensgegenstände im Rahmen der Teilung des Nachlasses aufgrund der erstmaligen Willensbildung erfolgt. Wird dagegen zunächst eine Entscheidung getroffen, die später durch eine neue Entscheidung ersetzt wird, kann kein Begünstigungstransfer mehr stattfinden - die Begünstigungen entfallen. Gerade bei komplexen Erbfällen ist es daher dringend zu empfehlen, von Beginn an eine sinnvolle Aufteilung und Gestaltung zu erarbeiten, um die erbschaftsteuerlichen Befreiungen weitestgehend zu erhalten.

 

Dabei gibt es eine gute Nachricht: Der Bundesfinanzhof hat kürzlich der Finanzverwaltung insofern eine Absage erteilt, als diese den Begünstigungstransfer pauschal nur innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Erbfall zulassen wollte. Wenn die Nachlassteilung länger dauert, was in der Praxis eher die Regel als die Ausnahme sein dürfte, ist ein Begünstigungstransfer nach Ansicht der Finanzverwaltung automatisch ausgeschlossen. Das Urteil ist eine erhebliche Erleichterung für schwierige Fälle, bei denen Kompromisse gefunden werden müssen. Leider hat die Finanzverwaltung bisher nicht reagiert. Es ist aber zu hoffen, dass diese sinnvolle Rechtsprechung vollumfänglich akzeptiert wird.


Stephan Dreckmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater

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Übertragung von Unternehmensvermögen an Mitarbeiter – Schenkung oder Arbeitslohn?

Die unentgeltliche Übertragung von Unternehmen und Anteilen an Unternehmen wird in Deutschland in steuerlicher Hinsicht grundsätzlich privilegiert behandelt. Mit dem Ziel die Eigentumsverhältnisse mittelständischer Unternehmen zu stabilisieren und Arbeitsplätze zu sichern, verschafft das Erbschaftsteuergesetz unter bestimmten Voraussetzungen eine Steuerfreistellung des unentgeltlichen Erwerbs von 85 % oder gar 100 %.

 

Insbesondere in Familienunternehmen wird das Ziel verfolgt, die Unternehmensnachfolger auf ihre zukünftigen Aufgaben im Betrieb vorzubereiten, indem diese aktiv im Unternehmen mitarbeiten. Der zukünftige Unternehmensinhaber erzielt dabei normalerweise Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Kommt es nun zu einer unentgeltlichen Übertragung von Unternehmensanteilen, kann im Einzelfall ein Qualifikationskonflikt entstehen, da der Empfänger Arbeitnehmer und Beschenkter zugleich ist. In solchen Fällen ist fraglich, ob die unentgeltliche Übertragung unter das Besteuerungsregime des Erbschaftsteuergesetzes fällt und damit gegebenenfalls steuerlich begünstigt wird, oder ob die Übertragung als Entgelt für bisher erbrachte Leistungen deklariert und damit als nichtselbständige Einkünfte versteuert werden muss.

 

Eine gesetzliche Subsidiaritätsregelung zwischen der Annahme einer Schenkung und der Einordnung zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit existiert nicht. Auch bestehen keine allgemeingültigen Differenzierungskriterien, so dass nach dem Gesamtbild der individuellen und tatsächlichen Verhältnisse ein Indizienkatalog entwickelt werden muss. Leitlinien bildet hier vornehmlich die bestehende Rechtsprechung der Finanzgerichte (FG), letztmalig bestätigt durch das FG Sachsen-Anhalt im Jahre 2022. Dieses kam im Urteilsfall zur Einordnung der unentgeltlichen Übertragung als Schenkung. Seine Entscheidung machte das FG insbesondere an den folgenden Fragen fest: Sind an die Übertragung Bedingungen oder Beschränkungen geknüpft, bestehen Rückübertragungsverpflichtungen, ist die Zuwendung durch ein Dienstverhältnis veranlasst, ist die Übertragung durch strategische und auf die Unternehmensfortführung gerichtete Motive getragen, ist die Fortführung des Dienstvertrags mit dem Bedachten für den übertragenden Altgesellschafter maßgeblich, geht mit der Übertragung die Abgeltung erbrachter oder zukünftiger Dienstleistungen einher und wird eine Mindestbesitzzeit für die übertragenen Anteile vereinbart?

 

Gegen das Urteil des FG Sachsen-Anhalt hat die Finanzverwaltung Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt. Der BFH hat nun die Möglichkeit, für die in der Transaktionspraxis dringend benötigte Klarheit zu sorgen und Rechtssicherheit zu schaffen. Bis zur Entscheidung des BFH müssen Steuerpflichtige jedoch mit der bestehenden Rechtsunsicherheit umgehen. Es wird dringend empfohlen, bei geplanten Transaktionen neben einer erbschaftsteuerlichen Rückfallklausel auch eine einkommensteuerliche zu vereinbaren, so dass im Falle einer nicht gewollten und ungünstigen steuerlichen Einordnung der Transaktion eine Rückübertragungsoption greift.


Christian Kaussen, Wirtschaftsprüfer & Steuerberater

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Christian Kaußen
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Unternehmenssanierung - Notwendigkeit der Mithilfe des Finanzamts darf nicht vergessen werden!

Eine Sanierung von Unternehmen in wirtschaftlicher Schieflage setzt in aller Regel voraus, dass Gläubiger ganz oder teilweise auf ihre Forderungen verzichten. Selbst wenn allerdings der in aller Regel für sich genommen schon sehr komplexe Verhandlungsprozess mit den Gläubigern zu einem erfolgreichen Ergebnis kommt, ist die Sanierung damit noch nicht auf den Weg gebracht. Verzichten nämlich die Gläubiger auf Forderungen, entsteht beim zu sanierenden Unternehmen ein Ertrag. Je nach Konstellation kann dies zu einer Gewinnsituation führen, die wegen nicht ausreichender Verluste oder der Mindestbesteuerung Steuerzahlungen auslöst. Die Forderungsverzichte gehen damit zumindest teilweise in Leere - oder vielmehr ans Finanzamt. Dieser Effekt ist offensichtlich unerwünscht. Naheliegend ist deshalb, dass diese so genannten "Sanierungsgewinne" von der Besteuerung ausgenommen werden. Das praktiziert die Finanzverwaltung - seit Mitte der 90er Jahres zweitweise ohne gesetzliche Grundlage - auch schon immer so. Grundlage waren zuletzt die im so genannten "Sanierungserlass" geregelten Voraussetzungen. Im Jahr 2016 setzte der Bundesfinanzhof hier jedoch einen Schlusspunkt und entschied, dass eine solche Steuerbefreiung durch die Finanzverwaltung gar nicht rechtmäßig sein kann, so dass sich der Gesetzgeber genötigt sah, die Freistellung der Sanierungsgewinne ausdrücklich im Einkommensteuergesetz zu regeln. Damit ist die notwendige Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen auch aktuell möglich.

 

Bei dieser in Krisenlagen so wichtigen steuerlichen Norm besteht allerdings die Problematik, dass die Voraussetzungen für die Befreiung nicht eindeutig sind. Diese Unsicherheit stellt im Normalfall einen Hinderungsgrund für die Gläubiger dar, sodass im ohnehin schon zeitintensiven Sanierungsprozess auch noch eine verbindliche Auskunft über die Steuerfreistellung beim Finanzamt einzuholen ist. Ein kompliziertes Unterfangen, müssen doch komplexe Sachverhalt dargelegt und die Sanierung begründet werden. Hinzu kommt der meist große Zeitdruck, der auf gewöhnlich eher längere Bearbeitungsdauern in den Finanzämtern prallt. Oft geht das gut - weil die Zuständigen den Ernst der Lage erkennen. Trotzdem empfiehlt es sich, die Notwendigkeit der "Mithilfe" des Finanzamts von Anfang an mitzudenken und zeitlich einzuplanen. Aber nicht nur zeitlich, auch finanziell ist das Thema einzukalkulieren: Die Erstellung eines Antrags auf verbindliche Auskunft verursacht Kosten, hinzu kommt die Gebühr des Finanzamts. Damit kommt der Steuer auch in einer wirtschaftlich kritischen Phase überraschend große Bedeutung zu.


Prof. Dr. Mario Henry Meuthen, Steuerberater

Ihr Ansprechpartner:

Prof. Dr. Mario Henry Meuthen
Steuerberater, Master of Science
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Jahresabschluss: Vorhersehbare Risiken können relevant sein!

Die Aufstellung des Jahresabschlusses erfolgt naturgemäß dann, wenn das Jahr, über das berichtet wird, bereits abgelaufen ist. Manche Sachverhalte stellen sich im Zeitablauf dabei klarer dar als während des noch laufenden Jahres. In der Praxis stellt sich häufig die Frage, ob ein Sachverhalt in der Bilanz zu berücksichtigen ist, dessen Auswirkungen sich erst nach dem Abschlussstichtag konkretisiert haben. Die Abgrenzung von wertbegründenden zu wertaufhellenden Ereignissen ist in diesem Zusammenhang notwendig. Gemäß den gesetzlichen Vorgaben „sind alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, die bis zum Abschlussstichtag entstanden sind, zu berücksichtigen, selbst wenn diese erst zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tag der Aufstellung des Jahresabschlusses bekanntgeworden sind“ - man spricht hier von "wertaufhellend". Gemäß dem Imparitätsprinzip hat die Berücksichtigung von Verlusten bereits dann zu erfolgen, wenn sie zum Abschlussstichtag entstanden sind, während Gewinne erst bei Realisierung ausgewiesen werden dürfen.

 

Die Erfassung vorhersehbarer Risiken ist in diesem Zusammenhang ein maßgeblicher Faktor, um Verluste rechtzeitig abzubilden. Jedes Unternehmen ist unterschiedlichsten Risiken ausgesetzt, beispielsweise dem Ausfall von Forderungen oder auch dem Risiko einer Insolvenz. Dabei spielt die Vorhersehbarkeit des Risikos eine wesentliche Rolle. Ein Risiko wird dann als vorhersehbar angesehen, wenn ein bestehendes Risiko eine konkrete Gefährdung darstellt. Daraus ergeben sich Gestaltungsspielräume, die mit der sogenannten Wurzeltheorie eingedämmt werden. Die Ursache (= Wurzel), die vor oder zum Bilanzstichtag gelegt wurde, muss mit dem nach dem Bilanzstichtag im Zuge der Aufstellung erkannten Risikos kausal verkettet sein. Ein einfacher Anwendungsfall in der Praxis stellen z. B. Pauschalwertberichtigungen von Forderungen dar. Zwar sind noch keine Ausfallrisiken bei einzelnen Forderungen bekannt, Erfahrungen aus der Vergangenheit zeigen aber, dass es regelmäßig zu späteren Ausfällen kommt. Diese wurden bereits mit Begründung der Forderung angelegt und sind aufgrund der Vergangenheitserfahrungen auch vorhersehbar.

 

In der Praxis wird die Wurzeltheorie oft auch unbewusst angewendet. Für die Beantwortung der Frage, welche Sachverhalte in der Bilanz zu berücksichtigende, wertaufhellende Sachverhalte darstellen, kann die bewusste Anwendung der Wurzeltheorie jedoch hilfreich sein.


Ihr Ansprechpartner:

Inka Schwiering
Steuerberaterin, Wirtschaftsprüferin
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