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Arbeitszeiterfassung - sofortige Handlungspflicht für Arbeitgeber?
In einem Urteil aus dem Jahr 2019 hat der EuGH klargestellt, dass die EU Arbeitszeitrichtlinie im Lichte des Art. 31 Abs. 2 der Grundrechtecharta auszulegen ist. Dort ist u. a. geregelt, dass jedem Arbeitnehmer ein Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit zusteht.
Was war passiert?
Geklagt hatte eine spanische Gewerkschaft gegen die Deutsche Bank in Spanien. Ähnlich dem deutschen Recht gibt es auch im spanischen Arbeitsrecht keine generelle Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung. Die spanische Gewerkschaft begründete ihre Klage mit Art. 31 Abs. 2 der Grundrechtecharta sowie der EU Arbeitszeitrichtlinie dahingehend, dass eine Gewährleistung der Einhaltung der Höchstarbeitszeitgrenzen nur durch eine genaue Erfassung der täglichen Arbeitszeit möglich sei. Dies sah auch der EuGH so.
Was bedeutet das für das deutsche Arbeitszeitrecht?
Bislang besteht in Deutschland keine generelle Verpflichtung zur Aufzeichnung der gesamten Arbeitszeit. Das Arbeitszeitgesetz regelt nur, dass in Bezug auf die über die werktägliche Arbeitszeit hinausgehende Arbeitszeit des Arbeitnehmers eine Arbeitszeiterfassung zu erfolgen hat.
Müssen Arbeitgeber dennoch sofort handeln?
Grundsätzlich gilt, dass Richtlinien (vorliegend die EU Arbeitszeitrichtlinie) nicht unmittelbar wirken, es folglich eines Umsetzungsaktes in Form einer entsprechenden Gesetzesänderung bedarf. Für einigen Wirbel sorgte in jüngster Vergangenheit jedoch ein Urteil des Arbeitsgerichts Emden. Dem zufolge sind Arbeitgeber bereits jetzt zur Errichtung eines Zeiterfassungssystems verpflichtet, da die europäische Grundrechtecharta direkt auch im deutschen Recht Anwendung findet. Ob auch andere Arbeitsgerichte dem folgen, bleibt abzuwarten. Aus diesem Grund kann es für Arbeitgeber durchaus überlegenswert sein, bereits jetzt ein entsprechendes Zeiterfassungssystem zu implementieren.
Kann die Zeiterfassung für Arbeitgeber sinnvoll sein?
Insbesondere im Hinblick auf die derzeitige Corona Pandemie ist die Frage der Zeiterfassung von besonderer Relevanz. Unternehmen mit Kurzarbeit müssen die Arbeitszeiten im Zweifel gegenüber der Arbeitsagentur nachweisen. Auch im Hinblick auf die Arbeit vieler Mitarbeiter im Home-office empfiehlt es sich, die Arbeitszeiten genau zu dokumentieren - auch um Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz vorzubeugen. Schließlich können Risiken aus von Mitarbeitern behaupteten Überstundenzeiten, für die ein Gegenbeweis fehlt, reduziert werden.
Ihr Ansprechpartner:
Prof. Dr. Mario Henry Meuthen
Steuerberater, Master of Science
+49 (0)40 734 420 600 | E-Mail
Fristlose Kündigung nach falschem Sachvortrag im Arbeitsgerichtsprozess
Versuchter Prozessbetrug ist kein Kavaliersdelikt. Dies gilt auch im Arbeitsgerichtsprozess. Arbeitnehmer, die im Prozess bewusst falsche Angaben zum Sachverhalt machen, riskieren neben strafrechtlichen Konsequenzen auch die fristlose Kündigung ihres Arbeitsvertrags.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg hat in einem Urteil vom 22.01.2020 in erfreulicher Deutlichkeit klargestellt, dass ein Arbeitnehmer eine nebenvertragliche Pflicht aus dem Arbeitsverhältnis massiv verletzt, wenn er im Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber bewusst wahrheitswidrig vorträgt, weil er befürchtet, durch wahrheitsgemäße Angaben einen Anspruch nicht durchsetzen zu können. Die vorsätzlich unwahre Sachverhaltsdarstellung in einem gerichtlichen Verfahren rechtfertige regelmäßig die außerordentliche Kündigung, da diese das notwendige Vertrauensverhältnis erheblich störe und der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen könne, dass der Arbeitgeber dies hinnehmen werde.
Gerade in verfahrenen Kündigungsschutzprozessen kann sich die Entscheidung des LAG Nürnberg für Arbeitgeber als sehr hilfreich erweisen. Zwar hat auch das LAG Nürnberg in seinem Urteil darauf hingewiesen, dass eine objektiv wahrheitswidrige Erklärung in einem Rechtsstreit nicht zwangsläufig zu dem Rückschluss führen müsse, dass sich der Erklärende auf unredliche Weise rechtliche Vorteile verschaffen wolle. Wenn der Arbeitgeber jedoch belegen kann, dass der Sachvortrag des Arbeitnehmers nicht nur nicht der Wahrheit entspricht, sondern wissentlich und willentlich erfolgte, kann er ebendies zum Anlass für eine weitere (fristlose) Kündigung nehmen, mittels derer er seine prozessuale Lage verbessern kann. Denn eine solche weitere Kündigung, die unter Verweis auf das oben skizzierte Urteil des LAG Nürnberg ausgesprochen werden sollte, dürfte in vielen Fällen zumindest die Vergleichsbereitschaft des Arbeitnehmers nicht unerheblich erhöhen.
Ihr Ansprechpartner:
Helmut Heinrich
Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
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Wirtschaft unter Generalverdacht? – Neues Sanktionsgesetz gegen Unternehmen
Das Bundeskabinett hat die Gesetzesvorlage für ein "Gesetz zur Stärkung der Integrität der Wirtschaft" an Bundestag und Bundesrat ins Gesetzgebungsverfahren geleitet. Der Widerstand aus der Wirtschaft ist massiv. Somit müssen Staatsanwälte künftig bei Straftaten nicht mehr nur gegen Manager und Mitarbeiter, sondern gegen das gesamte Unternehmen ermitteln. 10 % des Jahresumsatzes können bei Betrug als Strafe fällig werden. Unstreitig ist demgegenüber, dass Deutschlands Wirtschaftsstrafrecht grundsätzlich reformiert werden muss.
In einer Vielzahl von Fällen – ganz prominent: Wirecard, Tönnies, VW (Abgasbetrug) und diverse Korruptionsaffären – können Ermittler und Richter nur mit "juristischen Krücken" agieren. Diskutiert wird nun aber, ob das geplante Gesetz die eigentliche Intention, nämlich das Unternehmenssanktionsrecht zu modernisieren und rechtssichere Anforderungen an Compliance und interne Untersuchungen zu stellen, nicht stark verfehlt.
Wesentlicher Kritikpunkt ist die mangelnde Konkretisierung der erforderlichen Compliance-Maßnahmen. Das Gesetz belohnt den internen Aufklärungswillen und ebenso eine Unternehmenskultur, die besonderen Wert auf die Einhaltung der Regeln legt, mit Strafmilderung. Dieser vermeintlich positive Aspekt setzt freilich gerade den Mittelstand massiv unter Druck. Das neue große Thema ist Compliance, also die aktive Vermeidung von Regelverstößen; es knallt mit Wucht in den Mittelstand: Mit Blick auf den erheblichen Aufwand einer passgenauen Compliance-Richtlinie sieht der Gesetzgeber wohl eine zweijährige Implementierungsfrist vor.
Der Rat an die Firmen geht also dahin, ihre Geschäfts- und Entscheidungsprozesse zunächst sehr exakt zu verifizieren und Risikosphären auszuloten, insbesondere wo potenzielle Gesetzesverstöße schlummern könnten: Dies kann bei Steuer- und Abgabenfragen, bei der Einhaltung von Fristen, beim Arbeitsschutz, in arbeitsrechtlichen Themen wie Scheinselbstständigkeit oder Werkverträgen der Fall sein. Es wäre wünschenswert, wenn im weiteren Gesetzgebungsverfahren für mehr Rechtsklarheit gesorgt würde. Den Firmen und Unternehmen ist zu raten, zwischenzeitlich nicht passiv zu bleiben und Geschäfts- und Entscheidungsprozesse zumindest frühzeitig zu analysieren.
Ihr Ansprechpartner:
Stephan Dreckmann
Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
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GmbH zur Vermögensverwaltung sinnvoll nutzbar?!
Kapitalgesellschaften, also auch eine GmbH, sind körperschaft- und gewerbesteuerpflichtig. Laufende Einkünfte, aber auch ein Gewinn aus der Veräußerung von Grundbesitz unterliegen der Körperschaftsteuer und grundsätzlich auch der Gewerbesteuer. Im Privatvermögen gehaltener Grundbesitz kann hingegen außerhalb der 10-Jahresfrist einkommensteuerfrei veräußert werden (sofern kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt). Zudem ist die Kapitalgesellschaft hinsichtlich Grunderwerbsteuer häufig unflexibel und damit nachteilig. Dieser Unterschied lässt die GmbH zur Verwaltung von privatem Immobilienvermögen gegenüber einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft eher unattraktiv erscheinen.
Der Gesetzgeber hat aus Gründen der Rechtsformneutralität vermögensverwaltenden Immobiliengesellschaften jedoch die so genannte erweiterte Gewerbesteuerkürzung ermöglicht. Nach dieser Regelung kann ein Unternehmen, das sich ausschließlich auf die Verwaltung des eigenen Grundbesitzes beschränkt, den daraus erwirtschafteten Gewerbeertrag auf Antrag vollständig von der Gewerbesteuer ausnehmen. Dies führt dann zu einer laufenden Ertragsteuerbelastung in der GmbH von nur 15,875 % – im Einzelfall ein gewichtiges Argument für die GmbH.
Um diese erweiterte Kürzung in Anspruch zu nehmen, sind insbesondere folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
• Ausschließliche Ausübung einer vermögensverwaltenden Tätigkeit. Jegliche gewerbliche Tätigkeit ist für die Anwendung der erweiterten Kürzung schädlich (z. B. bei Betriebsaufspaltungen, aber auch im Falle der Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen oder der Erbringung weiterer Dienstleistungen).
• Es darf ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet werden.
Soweit die erweiterte Kürzung greift, können 84,175 % des Gewinns einbehalten werden und stehen für weitere Investitionen zur Verfügung, sodass im Falle der Thesaurierung ein Steuervorteil gegenüber der laufenden Besteuerung auf der privaten Vermögensebene entsteht. Dies stellt jedoch zu einem wesentlichen Teil nur einen Stundungsvorteil dar, da bei Ausschüttung der Gewinne an die Gesellschafter, spätestens aber bei Liquidation der GmbH eine Erfassung bei der Einkommensteuer des Gesellschafters im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens stattfindet.
Im Fall einer Ausschüttung des Gewinns beträgt die Gesamtsteuerbelastung einschließlich der Besteuerung auf Ebene der GmbH rund 48%, wenn keine erweiterte Kürzung für die Gewerbesteuer möglich ist und ein kommunaler Hebesatz von 400% unterstellt wird. Ohne die Gewerbesteuerbelastung auf Ebene der GmbH beträgt die Gesamtsteuerbelastung im Ausschüttungsfall dagegen nur rund 38 %. Damit scheint die Gesamtsteuerbelastung auch bei Ausschüttung gegenüber einer Investition über eine vermögensverwaltende Personengesellschaft günstiger, wenn z. B. der Steuersatz des Gesellschafters bei 45 % liegt. Allerdings muss bei dieser Betrachtung die spätere Besteuerung der stillen Reserven bei der Investition über die GmbH eingerechnet werden, die bei der vermögensverwaltenden Personengesellschaft möglicherweise entfällt.
Die vermögensverwaltende Immobilien-GmbH kann gegenüber der privaten Grundstücksverwaltung im Ergebnis dann punkten, wenn die Gewinne langfristig thesauriert werden sollen und die erweiterte Grundstückskürzung gesichert werden kann.
Ihr Ansprechpartner:
Christian Kaußen
Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
+49 (0)40 734 420 600 | E-Mail
Nachweis eines niedrigeren Werts für erbschaft- und steuerliche Zwecke durch einen Gutachter
Betreffen Schenkungen oder Erbfälle Grundbesitz, ist für steuerliche Zwecke eine Bewertung vorzunehmen. Das Gesetz sieht hierfür standardisierte Bewertungsverfahren vor, die zu typisierten Werten führen. Sollten diese im Einzelfall über dem tatsächlichen Wert liegen, kann dem Finanzamt ein niedrigerer Verkehrswert nachgewiesen werden. An diesen Nachweis werden jedoch hohe Anforderungen gestellt. So ist zwingend ein Gutachter einzuschalten. Die Finanzverwaltung zeigt sich hier vergleichsweise großzügig, weil jeder Sachverständige für die Bewertung von Grundstücken als geeigneter Gutachter angesehen wird, insbesondere, wenn ein mängelfreies Gutachten vorgelegt wird. Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht dies strenger und hat bereits in der Vergangenheit entschieden, dass nur solche Gutachten akzeptiert werden, die der örtlich zuständige Gutachterausschuss oder ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für die Bewertung von Grundstücken erstellt haben. Die Finanzverwaltung wendet diese Rechtsprechung zugunsten der Steuerpflichtigen bisher nicht an. Allerdings hat der BFH seine Rechtsauffassung jüngst nochmals bestätigt; eine Reaktion der Finanzverwaltung steht noch aus. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Finanzverwaltung dem BFH nachgibt und sich die formalen Anforderungen, an den Nachweis eines niedrigeren Werts, erhöhen werden.
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Prof. Dr. Mario Henry Meuthen
Steuerberater, Master of Science
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Qualifizierter Programmierer in Heimarbeit ist sozialversicherungspflichtig
Im Sozialversicherungsrecht bedeutet „abhängige Beschäftigung“ eine nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltpunkte für eine Beschäftigung sind Tätigkeiten nach Weisung und Eingliederung in den Betrieb. Die Abgrenzung zu selbstständig Beschäftigten in Literatur und Rechtsprechung füllt Bibliotheken. Leitlinien zur Abgrenzung sind unter anderem im gemeinsamen Rundschreiben der Sozialversicherungsträger enthalten. Nun hat das Landessozialgericht Hessen entschieden, dass hochqualifizierte Tätigkeiten nicht per se in die Sphäre der selbstständigen Tätigkeit fallen. Im konkreten Entscheidungsfall war ein Bauingenieur und Programmierer im Homeoffice für ein Baustatik-Softwarehaus tätig.
Es kann in diesen und ähnlichen haarigen Abgrenzungsfragen nur geraten werden, von der Möglichkeit Gebrauch zu nehmen, beim Bund der Deutschen Rentenversicherung ein sogenanntes Statusfeststellungsverfahren einzuleiten. Dies schließt jedenfalls für den Arbeitgeber das Risiko späterer Beitragsnachzahlungen aus. Frist für die Einleitung ist ein Monat nach Beginn der Geschäftsbeziehung.
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Prof. Dr. Mario Henry Meuthen
Steuerberater, Master of Science
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Erhöhung der Gewerbesteuer-Anrechnung
Bei Einzelunternehmern und Personengesellschaftern wird die betriebliche Gewerbesteuer auf die persönliche Einkommensteuer angerechnet. Eine Mehrfachbelastung des Gewinns soll so vermieden werden. Die Anrechnung erfolgt dabei jedoch pauschal, wobei aber maximal die tatsächlich bezahlte Gewerbesteuer zur Anrechnung gebracht werden kann. Praktisch kommt es häufig zu einer Begrenzung der Anrechnung, weil die Einkommensteuer nicht ausreichend hoch ist (z. B. aufgrund von Verlusten aus anderen Einkunftsarten, der Anrechnung ausländischer Steuern oder einer höheren Bemessungsgrundlage bei der Gewerbesteuer).
Die Höhe der Gewerbesteuer richtet sich maßgeblich nach dem so genannten Hebesatz einer Kommune, der stark variiert. Die Anrechnung der Gewerbesteuer berücksichtigt diesen Hebesatz nicht. Dies führt im Ergebnis dazu, dass in Kommunen, deren Hebesatz unter einem kritischen Wert liegt, – zumindest theoretisch – eine vollständige Entlastung von der Gewerbesteuer erfolgt. Bei höheren Hebesätzen bleibt neben der Einkommensteuer dagegen zwingend eine zusätzliche Belastung mit Gewerbesteuer übrig.
Im Zuge der Corona-Hilfe-Maßnahmen wurde ab 2020 der Faktor für die pauschale Anrechnung erhöht. Für Unternehmer, die schon jetzt vollständig von der Gewerbesteuer entlastet werden, ändert sich dadurch nichts. Interessant ist dies dagegen für Unternehmer, die aufgrund eines höheren Hebesatzes der Kommune bisher mit Gewerbesteuer belastet werden.
Abzug von Zinsen bei gemischt genutzten Gebäuden
Wird ein Gebäude zur Erzielung von Einkünften genutzt, können Darlehenszinsen für ein Darlehen, das zur Anschaffung und/oder Herstellung dieses Gebäudes aufgenommen wurde, steuermindernd zum Abzug gebracht werden. Dient ein Gebäude verschiedenen Zwecken, weil z. B. neben der steuerpflichtigen Vermietung eine nicht steuerbare Selbstnutzung stattfindet, können Darlehenszinsen nur anteilig zum Abzug gebracht werden.
Wird ein solches gemischt genutztes Gebäude teils eigen- und teils fremdfinanziert, wäre es steuerlich attraktiv, wenn Zinsen nicht nur anteilig, sondern voll zum Abzug gebracht werden können, weil die Fremdfinanzierung allein dem steuerpflichtig genutzten Teil zugeordnet wird. Eine solche Gestaltung ist möglich. Allerdings ist dazu rechtzeitig Verschiedenes zu berücksichtigen: Die Rechtsprechung akzeptiert die Zuordnung eines Darlehens zum steuerpflichtig genutzten Gebäudeteil nämlich nur dann, wenn
• das Darlehen aktiv gezielt einem Gebäudeteil zugeordnet wird,
• die Herstellungskosten dieses Gebäudeteils gesondert abgerechnet werden und
• diese auch tatsächlich gesondert mit den Mitteln aus dem Darlehen bezahlt werden.
Eine bloße Zuordnung des Darlehens zum Bereich der Einkünfteerzielung ist dagegen nicht ausreichend, wenn es an einer gesonderten Abrechnung und gesonderter Bezahlung fehlt.
Wird ein gemischt genutztes Gebäude auch gemischt finanziert, empfiehlt es sich deshalb, frühzeitig Überlegungen anzustellen, wie eine steuerliche Optimierung praktisch erfolgen kann. Nachträglich kann in der Regel kaum mehr ein voller Abzug der angefallenen Darlehenszinsen erreicht werden.
Ihr Ansprechpartner:
Claudia Schäfer
Steuerberaterin
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Energetische Sanierungsmaßnahmen am zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude
Für ab dem 1.1.2020 begonnene energetische Sanierungsmaßnahmen kann eine Steuerermäßigung nach § 35c EStG beantragt werden. Insgesamt wird eine 20-prozentige Anrechnung der Sanierungskosten verteilt über drei Jahre als Abzug von der Steuerschuld gewährt. Gefördert werden Sanierungsmaßnahmen bis zu einer Höhe von 200.000 EUR. Die Immobilie muss dabei älter als zehn Jahre sein. Gefördert werden Wärmedämmung, die Erneuerung von Fenstern, Außentüren, Lüftungsanlagen, Heizungsanlagen und der Einbau von Systemen zur Verbrauchsoptimierung sowie die Optimierung einer bestehenden Heizungsanlage, die älter als zwei Jahre ist.
Die entscheidende Voraussetzung für die Steueranrechnung ist die Bescheinigung durch einen Fachunternehmer nach amtlich vorgeschriebenem Muster. Die Finanzverwaltung hat hierzu Anfang des Jahres ganz konkrete Vorgaben gemacht, die einzuhalten sind.
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Helmut Heinrich
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KOmmentar: Die "offenbare Unrichtigkeit" im Steuerverfahren
Keine Einkommensteuer auf einen Jahresverdienst von knapp 130.000 EUR aufgrund eines „nicht mechanischen“ Fehlers des Finanzamts – so entschied zuletzt der Bundesfinanzhof (BFH). Im zugrundeliegenden Sachverhalt reichten die Steuerpflichtigen ihre Einkommensteuerklärung nicht-elektronisch beim Finanzamt ein. Die Erklärung enthielt Einkünfte aus selbstständiger Arbeit in Höhe von knapp 130.000 EUR sowie Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Höhe von knapp 30.000 EUR. Seitens des Finanzamts wurde die Erklärung eingescannt und automatisiert in ein elektronisches System übernommen. Hierbei wurde die Anlage S, welche die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit enthielt, versehentlich nicht eingescannt, so dass eine Erfassung dieser Einkünfte unterblieb. Die maschinelle Überprüfung der eingescannten Erklärung ergab zwar einige Prüf- und Risikohinweise, doch auch im Rahmen der sich anschließenden personellen Überprüfung der Einkommensteuererklärung blieben die Einkünfte aus selbstständiger Arbeit unberücksichtigt. Erst im Folgejahr stellte der Sachbearbeiter die Nichterfassung der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit fest.
Selbstverständlich versuchte das Finanzamt den fehlerhaften Bescheid noch zu korrigieren. Da dieser aber endgültig – also ohne Vorbehaltsvermerk – ergangen war, musste dafür eine gesetzliche Norm gefunden werden. Das Finanzamt versuchte es mit der so genannten "offenbaren Unrichtigkeit", die eine Änderung möglich macht, wenn ein Fehler mechanisch passiert ist, jedem offenkundig hätte sein müssen und unbewusst, das heißt ohne größere kognitive Bemühungen entstanden ist. Die gegen die Änderung des Finanzamtes erhobene Klage der Steuerpflichtigen wies das Finanzgericht ab. Die Revision beim BFH hatte hingegen Erfolg, sie führte zur Aufhebung des Urteils. Der BFH entschied, dass im vorliegenden Sachverhalt keine offenbare Unrichtigkeit vorlag und der Einkommensteuerbescheid seitens des Finanzamtes nachträglich nicht geändert werden durfte. Zwar habe das fehlerhafte Einscannen der Steuerklärung eine offenbare Unrichtigkeit dargestellt. Da jedoch im Folgenden eine weitere Sachverhaltsermittlung unterblieben ist, obwohl sich – spätestens aufgrund der Prüf- und Risikohinweise – eine weitere Prüfung des Falls hätte aufdrängen müssen, wurde der mechanische Fehler durch einen rechtlichen Fehler überlagert. Ein Glücksfall für den Steuerpflichtigen, der den Klageweg beschritten hatte.
Von Fehlern des Finanzamts können Steuerpflichtige auch profitieren, wenn diese später entdeckt werden. Der häufige Versuch des Finanzamts, einer Änderung wegen offenbarer Unrichtigkeit muss nicht immer gelingen. Eine genaue Prüfung des Einzelfalls lohnt sich.
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