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2022
Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen
Für Zwecke der Gewerbesteuer wird eine eigene Bemessungsgrundlage ermittelt, für die vor allem verschiedene Hinzurechnungen eine Rolle spielen. Wann Miet- und Pachtentgelte tatsächlich hinzugerechnet werden müssen, ist dabei nicht immer klar.
Der Bundesfinanzhof (BFH) vertritt die Rechtsauffassung, dass die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- und Pachtzinsen zu unterbleiben hat, sofern diese zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens geführt hätten. Dabei ist es unerheblich, ob die Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens am Bilanzstichtag noch vorhanden waren oder bereits unterjährig ausgeschieden sind. Damit sind auch die Miet- und Pachtzinsen für die Herstellung sämtlich bereits unterjährig veräußerter Waren von der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung exkludiert.
Diese Rechtsauffassung findet nun auch Eingang in die Verwaltungsanweisungen des Bundesfinanzministeriums.
Konkret stellt die Finanzverwaltung klar, dass bei unterjährig ausgeschiedenen Wirtschaftsgütern des Anlage- oder Umlaufvermögens eine Hinzurechnung für solche Aufwendungen unterbleibt, die als Anschaffungs- oder Herstellungskosten aktiviert worden wären, wenn sich das Wirtschaftsgut am Bilanzstichtag noch im Betriebsvermögen befunden hätte. Damit nimmt der BFH eine Gleichstellung von solchen Wirtschaftsgütern, die am Bilanzstichtag noch vorhanden sind, mit Wirtschafsgüter vor, die unterjährig bereits aus dem Betriebsvermögen ausgeschieden sind. Während diese Rechtsauffassung bereits für Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens bestand, wurde diese nun ebenfalls auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens erweitert.
Außerdem nimmt die Finanzverwaltung die BFH-Rechtsprechung zur Bestimmung von fiktiven Anlagevermögen in die Verwaltungsanweisungen auf. Demnach hat eine gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Miet- oder Pachtzinsen für Wirtschaftsgüter nur in solchen Fällen zu erfolgen, in denen das gemietete bzw. gepachtete Wirtschaftsgut dem (fiktiven) Anlagevermögen des Mieters bzw. Pächters zuzuordnen gewesen wäre, wenn der Mieter bzw. Pächter Eigentümer des Wirtschaftsguts wäre.
Ihr Ansprechpartner:
Prof. Dr. Mario Henry Meuthen
Steuerberater, Master of Science
+49 (0)40 734 420 600 | E-Mail
Erbschaftsteuerschulden mit Kunst tilgen
Schuldet ein Steuerpflichtiger Erbschaftsteuer, kann zugelassen werden, dass an Zahlungs statt dem Bundesland, dem die Erbschaftsteuer zusteht das Eigentum an Kunstgegenständen übertragen wird. Der Anwendungsbereich ist dabei auf die Erbschaftsteuern beschränkt, weil diese den Ländern zufließen, denen auch die Kulturhoheit zusteht. Durch die Regelung soll verhindert werden, dass Kunstgegenstände an Private oder ins Ausland veräußert werden, um den Erlös zur Tilgung geschuldeter Erbschaftsteuer zu verwenden. Die Überlassung der Kunstgegenstände an Zahlungs statt ist möglich, sofern an dem Erwerb der Kunstgegenstände aufgrund ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft ein gesellschaftliches Interesse besteht. Je wertvoller und bedeutender die Kunstgegenstände sind, desto eher wird der Steuerpflichtige mit der Verwaltung ins Geschäft kommen.
Bei einer solchen Vereinbarung zwischen Fiskus und Steuerpflichtigem stellt sich insbesondere die Frage, mit welchem Wert die einzelnen Kunstgegenstände angesetzt werden können. Problematisch ist die Bewertung bei einmaligen Kunstgegenständen und größeren Sammlungen. Für die Schätzung der Kunstgegenstände wird die Finanzverwaltung daher regelmäßig einen Sachverständigen heranziehen. Dem Steuerpflichtigen ist es dabei ebenfalls gestattet, ein eigenes Gutachten vorzulegen, um den Wert des Kunstgegenstandes zu untermauern. Kommen beide Parteien zu einem Kompromiss, schließen Steuerpflichtiger und Finanzverwaltung einen öffentlich-rechtlichen Vertrag ab. In diesem Vertrag sind die einzelnen Kunstgegenstände, die in das Eigentum des betroffenen Landes überführt werden, zu bezeichnen und die Höhe der Erbschaftsteuerschuld, die durch diesen Vorgang getilgt werden soll anzugeben. Ist der Wert der Kunstgegenstände höher als die zu tilgende Steuer, muss der Differenzbetrag an den Steuerpflichtigen ausgezahlt werden. Die Erbschaftsteuerschuld erlischt an dem Tag, an dem das Eigentum an den Kunstgegenständen vom Steuerpflichtigen auf das Land übergeht.
Erneut droht dem Steuergesetzgeber ein Rückschlag: Ist die Abgeltungssteuer verfassungswidrig?
Im Jahr 2009 wurde mit großem Aufwand - vor allem für Banken und zahlreiche Steuerpflichtige und deren Berater - die so genannte Abgeltungssteuer für Kapitaleinkünfte eingeführt. Damit verbunden war ein Durchbrechen des Grundsatzes, dass in der Einkommensteuer zwar verschiedene Einkunftsarten bestehen, diese aber letztendlich zusammengerechnet werden und in Summe einem einkunftsabhängigen progressiven Steuersatz unterliegen. Für private Kapitaleinkünfte gilt dies seither nur noch in Ausnahmefällen. In der Regel kommt ein einheitlicher Steuersatz von 25 % zur Anwendung. Hintergrund war der Befund, dass viele deutsche Steuerpflichtige Gelder bei ausländischen Banken angelegt und Kapitalerträge unrechtmäßig einer Besteuerung durch den deutschen Fiskus entzogen hatten. Durch den im Vergleich zum Spitzensatz von 45 % vergleichsweise niedrigen Satz sollten Privatanleger dazu motiviert werden, Kapitalerträge wieder in Deutschland zu versteuern - nach dem Motto: "Mobile Einkünfte (Kapitalerträge) niedrig besteuern, immobile Einkünfte (Arbeits- oder Vermietungseinkommen) hoch besteuern!"
War schon der Grundgedanke eher fragwürdig, aber zumindest nachvollziehbar, scheiterte eine gelungene Umsetzung - wie inzwischen so oft - an Systembrüchen und fehlender Praxistauglichkeit. So ist eine Besteuerung von Zinserträgen mit nur 25 % tatsächlich günstig, wobei der Vorteil umso größer ist, je höher das Einkommen des Anlegers ausfällt. Dividenden, die ansonsten dem so genannten Teileinkünfteverfahren unterliegen, profitieren dagegen kaum. Ausnahmen zur Entlastung Steuerpflichtiger mit niedrigeren individuellen Steuersätzen sowie die obligatorischen Missbrauchsvermeidungsvorschriften machen die Abgeltungssteuer außerdem zu einem komplizierten Ungetüm.
Seit März dieses Jahres kommt noch hinzu, dass das Niedersächsische Finanzgericht (FG) die Abgeltungssteuer für unvereinbar mit dem Gleichheitsgrundsatz hält. Die Ungleichbehandlung zwischen privaten Kapitaleinkünften und anderen Einkünften könne nicht (mehr) ausreichend gerechtfertigt werden, um einer verfassungsrechtlichen Prüfung Stand zu halten. Hauptargument ist, dass die Finanzverwaltung inzwischen über effektive Möglichkeiten der Aufdeckung nicht erklärter ausländischer Kapitaleinkünfte verfüge und eine besondere Motivation zur "freiwilligen" Besteuerung in Deutschland daher nicht mehr notwendig sei. Die Abgeltungssteuer führe zudem nicht zu einer wesentlichen Vereinfachung der Besteuerung.
Bemerkenswert an dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgelegten Fall ist, dass es nicht - wie sonst üblich - der Steuerpflichtige war, der mit Verweis auf eine mögliche Verfassungswidrigkeit eine niedrigere Besteuerung erreichen wollte. Auch das Finanzamt stellte nicht auf den Verfassungsverstoß ab. Im Urteilsfall ging es nämlich eigentlich gar nicht um Kapitalerträge; vielmehr nahm das FG diese zum Anlass, die erfolgte Besteuerung mit nur 25 % als zu niedrig einzustufen und die Frage dem BVerfG vorzulegen. Ein Verfahrensverlauf, der vermutlich von keiner der beiden Seiten erwartet oder gar gewollt war.
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Niklas Nolte
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Steuerliche Besonderheiten bei Langzeitvergütungsmodellen
Immer häufiger werden vor allem mit Führungskräften Langzeitvergütungsmodelle, so genannte Long Term Incentive-Modelle (LTI), vereinbart. Bei diesen Modellen werden die Leistungen der Arbeitnehmer nicht nur für ein Jahr bewertet und vergütet, sondern über mehrere Jahre hinweg betrachtet und nach Ablauf eines mehrjährigen Zeitraums ausgezahlt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun bestätigt, dass solche geballten Auszahlungen unter die Fünftel-Regelung fallen, was steuerlich vorteilhaft wirken kann.
Im strittigen Sachverhalt bot eine AG ihren Führungskräften die Teilnahme an einem LTI-Modell an. Abhängig von der Entwicklung des Geschäftserfolges innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren im Vergleich zu den vorangegangenen vier Jahren erhielten die Führungskräfte eine Vergütung, welche nach Ablauf des vereinbarten Performancezeitraumes ausgezahlt wurde. Die Auszahlung selbst erfolgte dann zumeist auf einzelne Jahre verteilt. Abweichend von der Auffassung des Finanzamtes sah der Arbeitgeber in den Auszahlungen des LTI eine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit, die der Fünftel-Regelung unterliegt und bekam letztendlich vor dem BFH Recht. Mehrjährig ist in diesem Zusammenhang jede Vergütung für eine Tätigkeit, die sich über mindestens zwei Kalenderjahre erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst. Die Einkünfte sind zudem als außerordentlich anzusehen, sofern es sich um ungewöhnliche und einmalige Einkünfte handelt, die eine ungünstige Progressionswirkung erwarten lassen. Die Zusammenballung der Entlohnung ist schließlich durch wirtschaftlich vernünftige Gründe gerechtfertigt, da die Klägerin die Vergütungsstruktur hinsichtlich der variablen Vergütungsbestandteile an eine nachhaltige Unternehmensentwicklung ausrichtete.
Die Einkünfte werden unter der Fünftel-Regelung so behandelt, als erhielte der Empfänger diese gleichmäßig auf die nächsten fünf Jahre verteilt. Der Anwendung der Fünften-Regelung steht es nach Ansicht des BFH dabei trotzdem nicht entgegen, wenn der Arbeitgeber die Vergütungen jährlich auszahlt, sofern diese jeweils für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten und veranlagungszeitraumübergreifend geleistet werden. Daraus kann insgesamt ein Steuervorteil resultieren.
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Prof. Dr. Mario Henry Meuthen
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Auch privater Immobilienbesitz kann erbschaftsteuerlich schwierig sein
Wenn es um Erbschaft- und Schenkungsteuer geht, berichten wir an dieser Stelle normalerweise über die dringend notwendigen, aber leider völlig unzulänglich umgesetzten Regelungen der Begünstigung von Unternehmensübertragungen. Aber auch bei Immobilien kann die Vermögensnachfolge Schwierigkeiten mit sich bringen. Wird nämlich Grundbesitz auf die nächste Generation übertragen, ist die Bemessungsgrundlage der aktuelle Zeitwert. Gerade in den letzten Jahren führt dies in einigen Gegenden zu so hohen Bewertungen, dass die bestehenden Freibeträge bei weitem nicht ausreichen und hohe Steuerzahlungen geleistet werden müssen. Nicht in allen Familien ist hierfür die notwendige Liquidität vorhanden. Dies kann so weit gehen, dass die Familienimmobilie in teurer Lage allein aus steuerlichen Gründen veräußert werden muss. Davon sind unter Umständen nicht nur die Eigentümer selbst, sondern auch langjährige Mieter betroffen: wenn nämlich ein neuer Eigentümer - nicht zuletzt wegen des hohen Kaufpreises - Mieterhöhungen durchsetzt.
Auch der Gesetzgeber erkennt an, dass die Erbschaftsteuer in solchen Fällen ungewollte und eigentlich auch untragbare Auswirkungen auf Immobilieneigentümer haben kann. Ausnahmeregelungen sollen die Probleme abmildern. So kann die Übertragung selbstgenutzter Wohnimmobilien gänzlich steuerfrei erfolgen, wenn diese zwischen Ehegatten oder von Todes wegen von Eltern auf ein Kind erfolgt, wobei im zweiten Fall die notwendige unverzügliche Selbstnutzung durch die nachfolgende Generation häufig ausscheidet.
Anderenfalls entsteht Erbschaftsteuer und Liquidität muss kurzfristig aufgebracht werden - es sei denn, der Fiskus zeigt sich mit einer späteren und/oder ratierlichen Zahlung einverstanden. Zu diesem Zweck kennt das Steuerrecht Stundungsregelungen. Eine davon bezieht sich konkret auf Wohnimmobilien. Das Finanzamt muss eine zinslose Stundung gewähren, wenn die Steuer nur durch Veräußerung der Immobilie aufgebracht werden könnte. Eine gute Idee, die aufgrund viel zu enger Auslegung der Finanzverwaltung derzeit aber kaum Anwendung findet. Bei weiter steigenden Immobilienpreisen ist jedoch davon auszugehen, dass sich zukünftig die Gerichte mit diesen Stundungsregelungen befassen werden müssen. Oder aber der Gesetzgeber ringt sich zu passgenaueren Lösungen, wie z. B. der Einführung ausreichend hoher Freibeträge, durch!
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Stephan Dreckmann
Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
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Quarantäne während des Urlaubs - Was ist mit den Urlaubstagen?
In einem weiteren Urteil zur Problematik Urlaub und Corona entschied nun das Landesarbeitsgericht Köln (LAG), dass im Falle einer behördlichen Quarantäneanordnung während des Urlaubs nicht per se ein Anspruch auf Nachgewährung der Urlaubstage besteht.
Einer Arbeitnehmerin wurde für die Zeit vom 30.11.2020 bis zum 12.12.2020 Urlaub gewährt. In diesem Zeitraum erkrankte das Kind der Arbeitnehmerin an Corona, woraufhin die Stadtverwaltung gegenüber der Arbeitnehmerin als Kontaktperson 1. Grades in der Zeit vom 27.11.2020 bis zum 07.12.2020 eine Quarantäne anordnete. Die Arbeitnehmerin behauptete, dass sie gleichfalls positiv auf das Corona-Virus getestet worden sei, wies jedoch keinerlei Symptome auf. Eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung konnte Sie nicht vorlegen.
Gemäß § 9 BurlG werden im Falle einer Erkrankung während des Urlaubs die durch ärztliches Attest nachgewiesenen Tage der Arbeitsunfähigkeit nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Das Landesarbeitsgericht Köln musste sich nunmehr mit der Frage auseinandersetzten, ob § 9 BurlG auch auf den Fall einer behördlichen Quarantäneanordnung anwendbar ist. Genau wie die Vorinstanz, dass Arbeitsgericht Bonn, kamen auch die Richter des LAG zum Ergebnis, dass eine behördliche Quarantäneanordnung keine Arbeitsunfähigkeit, wie in § 9 BurlG erforderlich, nachweist. Nach der Konzeption des Bundesurlaubsgesetzes fallen urlaubsstörende Ereignisse grundsätzlich als Teil des persönlichen Lebensschicksals in den Risikobereich des einzelnen Arbeitnehmers. Auch ein an SARS-CoV-2 erkrankter Arbeitnehmer mit einem symptomlosen Verlauf bleibt grundsätzlich arbeitsfähig, sofern es ihm nicht wegen der Quarantäneanordnung verboten wäre zu arbeiten. Insoweit bleibt festzuhalten, dass eine behördliche Quarantäneanordnung einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht gleichgestellt werden kann. Dies hat zur Folge, dass ohne ärztliche Krankschreibung die Urlaubstage nicht nachgewährt werden müssen.
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Christian Kaußen
Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
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Koalitionsvertrag: Regelungen zur unternehmerischen Mitbestimmungen werden enger
Grundlagen für die unternehmerische Mitbestimmung, also die Beteiligung von Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat, sind das sogenannte Mitbestimmungsgesetz (MitbestG) sowie das Drittelbeteiligungsgesetz (DrittelbG). Je nach Anzahl der Arbeitnehmer eines Unternehmens kommt es (ab 2.000 Mitarbeitern) zu einer paritätischen oder (ab 500 Mitarbeitern) zu einer drittelbeteiligten Besetzung des Aufsichtsgremiums. Zur Vermeidung der bei Unternehmern unbeliebten Mitbestimmung können diese entweder die Anzahl der relevanten Arbeitnehmer in verschiedenen Rechtsträgern der Unternehmensgruppe unter dem maßgeblichen Schwellenwerten halten oder die bestehenden gesetzlichen Lücken nutzen und in diejenigen Rechtsformen flüchten, die von den benannten Gesetzen nicht erfasst sind.
Bei der Berechnung der Arbeitnehmerzahl sieht das MitbestG an der "2.000er-Schwelle" strenge Zurechnungstatbestände vor, wonach also Arbeitnehmer einer Unternehmensgruppe in einer Vielzahl von Fallkonstellationen zusammengerechnet werden. Weniger streng ist bislang die Rechtslage an der "500er-Schwelle" im Rahmen des DrittelbG. Es scheint nun, dass die Koalitionsfraktionen diese strengen Zurechnungsnormen des MitbestG auf das DrittelbG erweitern wollen. Dies bedeutet, dass auch kleinere Familienunternehmen von der unternehmerischen Mitbestimmung unterliegen werden.
Eine weitere Methodik, nämlich die Flucht in ausländische Rechtsformen oder in eine Europäische Aktiengesellschaft (SE), scheint ebenfalls im Feuer. Die Rechtsform der SE sieht bislang vor, dass ein Verhandlungsgremium, welches aufwändig zu formieren ist, die Mitbestimmung vertraglich regelt. Falls keine Einigung erfolgt, gilt nach dem sogenannten Vorher-Nachher-Prinzip das Mitbestimmungsniveau vor Rechtsformwechsel in die SE. Geplant ist - wenngleich dies wegen des europäischen Bezuges mutmaßlich eine gewisse Zeitphase in Anspruch nehmen wird - diese Gestaltungsflucht abzuschneiden. Für viele Unternehmen, die derzeit noch nicht der Mitbestimmung unterliegen, drohen erhebliche Veränderungen in der Unternehmensführung: Sowohl die Wahl von Vertretern in Aufsichtsräte ist zeit- und kostenintensiv; auch die regelmäßige Abstimmung in den Aufsichtsgremien wird Ressourcen in Anspruch nehmen.
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Stephan Dreckmann
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Schadensersatz ist nicht immer Schadensersatz
Vereinnahmt ein Unternehmer ein Entgelt, hat er hierauf Umsatzsteuer zu berechnen und abzuführen. Ist der Abnehmer selbst nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt (z. B. kommunale Auftraggeber, Vermieter von Wohnraum oder Arztpraxen), stellt die Umsatzsteuer einen zusätzlichen Kostenfaktor dar. Gut also, wenn keine Umsatzsteuer anfällt. Dies ist beispielsweise dann gegeben, wenn es sich nicht um ein Leistungsentgelt handelt, sondern echter Schadensersatz vorliegt.
Dies wollte ein Architekt nutzen, der für eine Kommune tätig wurde. Dieser begann zwar mit der Planung, die Kommune musste den Vertrag aus finanziellen Gründen jedoch beenden. Die Parteien einigten sich auf ein "Ausfallhonorar", das der Architekt als nicht steuerbaren Schadensersatz behandelte. Dem stellt sich der Bundesfinanzhof jedoch entgegen: Der BFH ging davon aus, dass die Kommune mit den bis dahin erbrachten Leistungen eine Gegenleistung erhalten habe, sodass von steuerpflichtigem Entgelt auszugehen sei. Die Entscheidung zeigt, dass die Abgrenzung zwischen Schadensersatz und Leistungsentgelt sehr sorgfältig getroffen werden muss. Nur wenn der Schadensersatzverpflichtete tatsächlich keine Leistung erhalten hat, kann von echtem Schadensersatz ausgegangen werden. Irrelevant ist dabei, ob der Zahlende die Leistung noch benötigt oder überhaupt verwenden kann.
Die Abgrenzung muss übrigens auch bei Vorsteuerabzugsberechtigung des Schadensersatzverpflichteten richtig getroffen werden: Wird nämlich auf echten Schadensersatz fälschlicherweise Umsatzsteuer berechnet, ist kein Vorsteuerabzug möglich, auch wenn die Umsatzsteuer ans Finanzamt abgeführt wurde. Auch Unternehmer untereinander haben hier kein faktisches Wahlrecht.
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Immaterielle Werte im internationalen Unternehmensverbund: Stichwort "DEMPE"
Immaterielle Werte wie Patente, Namensrechte, aber auch Knowhow, haben inzwischen größte Bedeutung, wenn über die Gewinnverteilung in internationalen Unternehmensgruppen gesprochen wird. Bei der Ermittlung und Dokumentation grenzüberschreitender Verrechnungspreise muss diesem Thema deshalb Raum gegeben werden.
Auf bilanzieller Ebene sind immaterielle Wirtschaftsgüter grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen. Das DEMPE-Konzept der OECD zur Zuordnung von immateriellen Werten sieht einen anderen Ansatz vor und wurde zwischenzeitlich auch im deutschen Recht umgesetzt. Demnach kommt dem Eigentum für die Zuordnung von Erträgen aus immateriellen Wirtschaftsgütern nur noch indizielle Bedeutung zu. Ausschlaggebend ist vielmehr eine wirtschaftliche Betrachtung anhand individueller Wertschöpfungsbeiträge. Sofern von verbundenen Unternehmen Funktionen ausgeübt, Vermögenswerte eingesetzt oder Risiken übernommen werden, sind diese Funktionen vom Eigentümer an die Konzerngesellschaft angemessen und fremdüblich zu vergüten. Somit ist der Eigentümer des immateriellen Wertes nicht zwingend dazu befugt, die Erträge aus einem immateriellen Wirtschaftsgut zu verwerten. Die maßgebenden DEMPE-Funktionen umfassen dabei die Wertschöpfungsbereiche der Entwicklung (Development), Verbesserung (Enhancement), Erhaltung (Maintenance), Schutz (Protection) und Verwertung (Exploitation). Für die Zuordnung der jeweiligen DEMPE-Funktionen ist eine eigenständige Funktions- und Risikoanalyse notwendig. Hierfür ist einzuordnen, welche Gesellschaften die relevanten Personalfunktionen ausüben, die personellen und finanziellen Mittel zur Übernahme der damit verbundenen Risiken tragen und werthaltige Vermögensgegenstände einsetzen. Somit erfolgt die Zuordnung von Erträgen aus immateriellen Werten nach den übernommenen Funktionen, Risiken und deren Kontrolle.
Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass Holding-Gesellschaften, denen immaterielle Werte gehören, die im Wesentlichen von Tochtergesellschaften (weiter)entwickelt und von diesen aktiv verwaltet werden, keine hohen Erträge aus Lizenzverträgen vereinnahmen dürfen.
Ihr Ansprechpartner:
Christian Kaußen
Diplom-Kaufmann, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater
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Ausstieg aus der Sozialversicherung für Gesellschafter-Geschäftsführer immer schwieriger
Die sozialversicherungsrechtliche Einstufung eines Geschäftsführers ist ein komplexes Themenfeld und Dauerbrenner bei Sozialversicherungsprüfungen. Dafür muss das Beschäftigungs-verhältnis des Geschäftsführers dahingehend überprüft werden, ob dieser selbstständig tätig oder abhängig beschäftigt ist. Diese Prüfung hat unabhängig davon zu erfolgen, ob es sich um einen Fremdgeschäftsführer oder einen Gesellschafter-Geschäftsführer handelt. Falls ein Geschäftsführer abhängig beschäftigt ist, muss er in die Kassen der gesetzlichen Sozialversicherungsträger einzahlen. Relevant für die Einstufung ist dabei regelmäßig, ob der Geschäftsführer Gesellschaftsanteile hält und wenn ja in welcher Höhe. Darüber hinaus sind auch Sperrminoritäten u. ä. im Gesellschaftsvertrag entscheidungserheblich.
Das Bundesozialgericht hat nun kürzlich in gleich drei Fällen entschieden, dass die Gesellschafter-Geschäftsführer abhängig beschäftigt sind. Danach übt ein Geschäftsführer einer GmbH nur dann eine selbstständige Tätigkeit aus, wenn er aufgrund seiner Gesellschafterstellung die Rechtsmacht besitzt, einen maßgeblichen Einfluss auf alle Gesellschafterbeschlüsse zu nehmen und dadurch die Geschicke der Gesellschaft umfassend mitzubestimmen. Ausreichend dafür war weder ein Gesellschaftsanteil von 25% noch von 49%, da den Gesellschaftern, in den dem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalten, im Gesellschaftsvertrag eine erforderliche "echte" Sperrminorität fehlte. Im dritten Urteil führte ein Gesellschaftsanteil dreier Geschäftsführer von jeweils 20% ebenfalls zu einer abhängigen Beschäftigung, wenn die Gesellschafter Ihre Kontrollrechte an einen Aufsichtsrat abgegeben hatten.
Für die Praxis bedeuten diese Urteile, dass bei Zweifeln, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, ein optionales Anfrageverfahren bei der Clearingstelle der Deutschen Rentenversicherung Bund eingeleitet werden sollte. Alternativ kann auch eine Statusfeststellung bei der zuständigen Einzugsstelle beantragt werden.
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Stephan Dreckmann
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