Verrechnungspreise: Europäischer Gerichtshof und Bundesverfassungsgericht mischen mit!

Die voranschreitende Globalisierung lenkt die Aufmerksamkeit verstärkt auf das internationale Steuerrecht. Hierbei spielen wirtschaftliche und steuerliche Betrachtungen eine herausragende Rolle. Verrechnungspreise und deren Dokumentation sowie die Berücksichtigung der sich stetig ändernden Rahmenbedingungen sind ein wesentlicher Bestandteil der Steuer-Compliance in Unternehmen. Eine Verrechnungspreisdokumentation soll dabei grundsätzlich die Angemessenheit der Preise, die zwischen Gesellschaften eines Konzerns für ausgetauschte Güter und Dienstleistungen angesetzt werden, dokumentieren. Im Fokus steht der Fremdvergleichsgrundsatz mit dem Ziel, dass die Preise in einem Konzern so vereinbart werden, wie sie unabhängige Dritte unter vergleichbaren Bedingungen vereinbart hätten. Ein Abweichen vom vorgenannten Fremdvergleichsgrundsatz hat bis dato stets zu Problemen bei Betriebsprüfungen geführt, selbst dann, wenn die Abweichung gut begründet werden konnte.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das schon großzügiger gesehen und Abweichungen vom Fremdvergleichsgrundsatz unter bestimmten Umständen akzeptiert. Basierend auf der bisherigen Rechtsprechung des EuGH müssen die Verrechnungspreise nicht immer dem entsprechen, was fremde Dritte miteinander vereinbaren würden. Eine Abweichung vom Fremdvergleichspreis in einer existenzbedrohenden Krise der verbundenen Unternehmen muss gemäß EuGH zudem nicht besonders begründet sein - anders als vom deutschen Bundesfinanzministerium gefordert.

Deutschland tut sich mit diesen Grundsätzen schwer! Nun ist jedoch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) dazwischengegangen: Sowohl die Finanzverwaltung als auch der Bundesfinanzhof (BFH) können ihre enge Interpretation der bisher ergangenen Rechtsprechung des EuGH nicht mehr aufrechterhalten. Das BVerfG hat eine Entscheidung des BFH aufgehoben, weil die Frage, inwieweit eine Abweichung vom Fremdvergleichsgrundsatz zulässig ist, nicht dem EuGH vorgelegt worden ist. Das eröffnet interessante Spielräume.

Indes bleibt weiter fraglich, in welchem Umfang der EuGH eine Abweichung vom Fremdvergleichsgrundsatz tatsächlich für zulässig hält.

Eine Abweichung vom Fremdvergleichspreis darf nämlich auch nicht zu „willkürlichen“ Gewinnverlagerungen führen. Das mehrleistende Unternehmen braucht also eine Kompensation, um das Abweichen vom Fremdvergleichspreis auszugleichen. Es stellt sich in der Folge mithin die Frage, wie eine Kompensation sachlich und zeitlich gelagert sein sollte, damit insgesamt ein angemessener Vorteilsausgleich stattgefunden hat. Es wird bei der Abwägung entscheidend darauf ankommen, inwieweit wirtschaftlich sich messbare Vorteile ausgleichen und inwieweit noch ein zeitlicher Zusammenhang herzustellen ist.

Für Unternehmen ist es mehr denn je notwendig, noch stärker als bisher ihre Verrechnungspreisdokumentation im Rahmen eines umfassenden Tax Compliance Management Systems systematisch zu erfassen, zu planen und zu steuern. Eine zentrale und integrierte Erfassung und Steuerung der Verrechnungspreise können Inkonsistenzen frühzeitig erkennen und beseitigen. Zudem kann so eine transparente Dokumentation für die Finanzbehörden geschaffen werden.


Prof. Dr. Mario Henry Meuthen, Steuerberater

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